Innovative Lösungen für IT- und OT-Sicherheit auf der it-sa 2024 interaktiv erleben
Redaktion Digital Chiefs
Vom 22. bis 24. Oktober 2024 versammelt sich die IT-Sicherheitsbranche in Nürnberg zur it-sa Expo ...
Zum BeitragStarke Hitzegewitter mit Sturmböen und Überflutungen zeigen gerade im Hochsommer, dass der Bevölkerungsschutz mehr Aufmerksamkeit benötigt. Die Einführung eines einheitlichen Warnsystems soll bundesweit für mehr Sicherheit sorgen.
Spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrtal und weiteren Teilen Westdeutschlands im Jahr 2021 ist die Notwendigkeit, die Bevölkerung hierzulande flächendeckenden vor einer drohenden Gefahr warnen zu können, ins Bewusstsein der verantwortlichen Politiker:innen zurückgekehrt. Denn nach dem Ende des Kalten Kriegs wurde die bestehende Bevölkerungsschutz-Infrastruktur bestehend aus einem weiten Netz an akustischen Sirenen sowie Schutz- und Lagerräumen weitestgehend reduziert. Ein erster Versuch, ein auf den technischen Möglichkeiten der Gegenwart beruhendes Warnsystem zu etablieren und zu testen, schlug dabei bereits 2020 fehl und wurde 2021 gar nicht erst wiederholt. Erst am 08. Dezember 2022 konnte das neu eingeführte Warnnetzwerk bei einem bundesweiten Warntag seine Funktion unter Beweis stellen. Das Rückgrat dieses neuen Systems: das sogenannte Cell Broadcast.
Das Debakel des ersten bundesweiten Warntags 2020 wurde maßgeblich durch das Versagen der bislang genutzten Warnapps Nina und Katwarn ausgelöst. Denn beide Anwendungen können nur funktionieren, wenn sie auch auf einem entsprechenden Endgerät installiert sind, was den Empfängerkreis einer Warnung stark einschränkt. Dadurch verfehlt dieses System offensichtlich das Ziel, flächendeckend vor einer Bedrohung zu warnen.
Die technische Lösung für dieses Dilemma ist bereits seit Jahren auf dem Markt und heißt Cell Broadcast. Dabei erhält jeder Besitzer eines Mobiltelefons, der in einem bestimmten Bereich, einer oder mehrerer Funkzellen, eingewählt ist, automatisch eine Nachricht. Das System existiert in dieser Form bereits seit den 90er Jahren und wird in anderen Ländern bereits erfolgreich eingesetzt.
Denn die grundsätzliche Funktion ist in allen Funknetzstandards seit 2G enthalten und damit auf der ganzen Welt verfügbar. In den USA etwa warnen die Behörden regelmäßig und zuverlässig via Cell Broadcast vor Naturkatastrophen wie Tornados oder Hurricanes, in Japan gehört die Technik zum festen Bestandteil der Erdbeben-Strategie und auch innerhalb der EU ist das System weit verbreitet. In Deutschland wurde Cell Broadcasting allerdings lange Zeit nicht durch die Politik gefördert und unterstützt, wodurch die Netzbetreiber die notwendigen Investitionen in ihre Netzwerke unterlassen haben. Spätestens seit einem neuen EU-Gesetz aus dem letzten Jahr, welches die Einführung eines flächendeckenden Warnsystems in jedem Mitgliedsstaat fordert, erfolgte aber auch hierzulande ein Umdenken und durch die Zusammenarbeit der Telekommunikationsunternehmen mit der Bundesregierung konnte die schnelle Einführung des Systems gewährleistet werden.
Cell Broadcast funktioniert dabei über den Mobilfunk, auch regional oder lokal beschränkt, die Installation einer ergänzenden Anwendung auf den einzelnen Geräten ist nicht notwendig. Sowohl akustische Signale als auch Textnachrichten lassen sich so ausspielen, und das selbst bei überlasteten Netzen. Anders als bei einer SMS haben Nutzende keine Möglichkeit, die Nachricht zu blockieren. Einzig Geräte im Flugmodus und natürlich ausgeschaltete Telefone bleiben auch für dieses System unerreichbar. Gebiete mit geringer Netzabdeckung sowie veraltete Geräte bilden die Schwachstellen des Systems, die durch ergänzende Maßnahmen wie Lautsprecherdurchsagen, Radiomeldungen oder neu installierte Sirenen ausgeglichen werden müssen.
Offiziell gestartet ist das neue bundesweite Warnsystem bereits am 23. Februar 2023. Nachdem die letzten Fehler des Systems behoben worden sind, die der Warntag am 08. Dezember 2022 gezeigt hat, kann Cell Broadcast jetzt entscheidend zur Sicherheit der Bevölkerung beitragen.
Quelle Titelbild: Adobe Stock / Kaleb