Industrial IoT und AIoT sind im Kommen
Redaktion Digital Chiefs
Viele Unternehmen planen, Industrial IoT und AIoT, die intelligente Variante von IIoT, in ihre Fertigungsprozesse ...
Die manuelle Planung von Technikereinsätzen ist bei vielen Unternehmen noch Standard. Welche Möglichkeiten Sie haben, um Ihre Disposition viel effektiver und flexibler zu gestalten, möchte ich Ihnen in diesem Beitrag vorstellen.
Fast die Hälfte der Unternehmen in der DACH-Region plant Technikereinsätze immer noch manuell mit rudimentärer Flexibilität. So das Ergebnis einer aktuellen Studie zur Digitalisierung im technischen Service der Unternehmensberatung BearingPoint.
Dabei gelten automatische Reaktionen auf ungeplante Ereignisse als entscheidender Erfolgsfaktor der Disposition und werden damit zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Digitalisierung ebnet uns schon heute den Weg dafür – warum nutzen wir sie nicht?
Ich beschäftige mich nun seit mehr als 15 Jahren mit der Optimierung von SAP-basierten Kundenservice- & Instandhaltungsprozessen durch den Einsatz von Einsatzplanungslösungen. Eines kann ich Ihnen sagen: Um eine optimale Ressourcenplanung zu gewährleisten, müssen immer verschiedene Parameter berücksichtigt und mögliche Ziele gegeneinander abgewogen werden. Für die effektive Automatisierung der Planungsvorgänge sollten dabei alle Kriterien berücksichtigt werden, die auch ein Disponent in Erwägung ziehen würde:
Auf der anderen Seite müssen die Kriterien an einen Zielzustand der Planung definiert und gegeneinander gewichtet werden, denn sie können miteinander konkurrieren, bspw.:
Damit die Lösung die gewünschten Ergebnisse bringt, muss also festgelegt werden, wie diese verschiedenen Kriterien gegeneinander gewichtet werden sollen.
In der manuellen Disposition können auf diesem Komplexitätslevel nur noch einzelne Aufträge betrachtet und zum Optimum geführt werden. Eine Gesamtplanung wird schnell zu umfangreich, um ohne IT-Unterstützung alle Potenziale auszunutzen.
Wer sich nicht am Optimum orientiert, wird schnell von den Folgen eingeholt: In erster Linie entstehen nichtfakturierbare Kosten, wie Fahrtkosten, Kosten für Warte- und Verzugszeiten, Kosten für Zweitanfahrten und ggf. Zahlungen aufgrund nicht eingehaltener SLAs.
Hinzu kommen fehlende Flexibilität bei der Berücksichtigung von Kundenwünschen oder beim Reagieren auf kurzfristige Ereignisse. Benötigt ein Techniker zum Beispiel mehr Zeit als geplant, steht er im Stau oder fehlen ihm unerwartet Ersatzteile, verzögert sich die gesamte Planung. Wer in der Disposition mit statischen Daten arbeitet und in dieser Situation nicht in Echtzeit sieht, wo sich der nächste Techniker befindet und welche Ersatzteile dieser an Bord hat, büßt Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit ein. Und darauf können schon bald Umsatzverluste folgen.
Lassen Sie es mich kurzfassen: Gute Servicequalität ist heute Wettbewerbsfaktor Nummer 1. Service ist nicht wie früher ein notwendiges Übel, sondern ein wichtiges Wertschöpfungselement.
Für Ihren individuellen Weg in die moderne Technikereinsatzplanung bieten sich verschiedene Wege an. Um zu entscheiden welcher der richtige ist, bedarf es zunächst der Betrachtung der unterschiedlichen Varianten IT-gestützter Disposition:
1. Disposition über Listentransaktion
Die Disposition über Listentransaktion ist die einfachste Art der Disposition, die in SAP ERP oder SAP CRM ohne zusätzliche Lösungen realisierbar ist. Sie eignet sich für die kapazitätsorientierte Disposition und erleichtert die Bearbeitung großer Mengen gleichartig strukturierter Aufträge, wie sie bei Massenwartungen oder Turnusablesungen notwendig wird. Qualifikationen, Stammkunden, Wunschtermine etc. werden dabei außer Acht gelassen oder nur rudimentär berücksichtigt.
Bei der Listentransaktion trifft der Disponent manuell die Ressourcenwahl und weist die Ressourceninformationen den Auftragslisten zu. Die Aufträge werden dann im Hintergrund automatisch geändert und der Anwender muss nicht jeden Auftrag einzeln zuweisen.
2. Grafische Disposition
Bei der grafischen Disposition wird die Planungssituation in einer Einsatzplantafel (Gantt-Chart) dargestellt. Diese Variante zeichnet sich durch einen hohen Visualisierungsgrad aus. So können die Aufträge mittels Drag & Drop den Ressourcen zugeordnet, Balken in ihrer Länge und Position bearbeitet und Statusinformationen über farbliche Kennzeichnung von Balken dargestellt werden.
Konflikte werden in dieser Darstellung schnell erkannt und können sogar automatisch signalisiert werden. Die Methode kommt zum Beispiel in der SAP Multi Ressourcen Einsatzplanung (SAP MRS) oder der CRM Plantafel und in vielen Einsatzplanungslösungen der ersten Generation zum Tragen.
Zwar ist auch dabei noch ein gewisser Anteil manueller oder semi-manueller Planung vonnöten, dieser wird jedoch durch Planungsvorschläge und Masseneinplanungen per Drag & Drop erleichtert.
3. Automatisierte Disposition
Die Besonderheit der automatisierten Disposition besteht in der vollständigen Automatisierung der Planung für den größten Teil der Aufträge. Sie gibt dem Disponenten die Freiheit, sich auf die „Brennpunkte“ zu konzentrieren und stellt damit eine nahezu kostenoptimale Planung her. Fahrtzeiten werden automatisch ermittelt, Termine automatisch berücksichtigt und Konflikte über Prioritäten und Service-Level automatisch gelöst.
Diese Variante wird bei größeren Mengen von Ressourcen und Aufträgen eingesetzt, bei denen die Einsätze in der Fläche nicht an eine feste Zuordnung von Mitarbeitern zu Kunden oder Regionen geknüpft sind. Die Automatisierung ist insbesondere für kurze Einsätze (mehrere Einsätze pro Techniker und Tag) geeignet und macht auch kurzfristige Einplanungen möglich. Jedoch geht mit dieser Variante ein erhöhter Implementierungsaufwand einher und die Voraussetzungen an die Datenqualität sind sehr hoch, weil bspw. nicht aktualisierte Termine liegengebliebener Aufträge oder noch nicht aktualisierte Qualifikationen von Technikern schnell dazu führen können, dass der Optimierer keine Lösung findet.
4. Flexible Disposition
Moderne Dispositionslösungen vereinen die Vorteile der grafischen mit der automatischen Disposition. So werden die Planungssituationen sowohl in einer dynamischen Plantafel als auch auf einer Karte, z.B. Google Maps, visuell dargestellt. In der Plantafel können Einsätze per Drag & Drop umgeplant werden während sich Einsätze, Karte und Plantafel kontinuierlich synchronisieren und der Techniker via Push-Nachricht über Änderungen informiert wird.
Bei der Planung wird der Disponent zudem mit Dispositionsvorschlägen auf Basis von Fahrtzeiten, Terminen, Technikerqualifikation und weiteren Daten unterstützt und kann jederzeit entscheiden, einen einzelnen Auftrag oder ein Bündel von Aufträgen durch den Optimierer einplanen oder optimieren zu lassen.
Leider arbeiten viele Drittanbietertools mit einer Middleware, die Daten redundant abbildet und dadurch die Performance beschränkt. Wichtiges Kriterium für die Auswahl einer solchen Lösung ist daher die SAP-Integration.
Die Frage, welche Dispositionsvariante sich am besten für welchen Prozess eignet, wurde mir in zahlreichen Kundenprojekten immer wieder gestellt. Sie ist abhängig von den Dispositionsparametern und -zielen, bzw. konkret von den Terminanforderungen auf der einen Seite und dem Mengengerüst, das heißt Aufträge pro Tag/Techniker, auf der anderen. Während sich zum Beispiel die Listendisposition für ein geringes Auftragsvolumen mit hohen Vorlaufzeiten (z.B. Großmaschinenwartung) eignet, sollten Unternehmen, die eine hohe Auftragszahl pro Disponent und Techniker mit kurzen Reaktionszeiten und kurzfristigen Terminerwartungen planen müssen, zum Beispiel auf die flexible Disposition setzen.
Meiner Meinung nach kommen Unternehmen, die sich langfristig mit ihrem Servicegeschäft am Markt positionieren wollen, nicht umhin, ihre Disposition zu optimieren. Diese Optimierung kann nur bei 360 Grad Sicht funktionieren, das heißt alle Faktoren, die die Verfügbarkeit der Ressourcen beeinflussen, müssen abgebildet und integriert werden.
Dazu gilt es, die Ziele zu definieren, die Prozesse festzulegen und schließlich darauf basierend die passende Technologie auszuwählen. Begleitet werden sollte dieses Vorgehen durch eine Kosten-Nutzen-Betrachtung, idealerweise unter Zuhilfenahme der 80-20-Regel, das heißt 80 Prozent der Ergebnisse werden mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht. Notwendige Organisations- und Prozessanpassungen müssen dabei zusätzlich berücksichtigt werden.
Wer bei der Auswahl Unterstützung benötigt, sollte demnach entweder auf den engen Erfahrungsaustausch mit anderen Anwenderunternehmen setzen oder erfahrene Berater konsultieren, die nicht nur die verschiedenen IT-Lösungen kennen, sondern zudem das nötige Branchen-Know-how mitbringen. Spezialisierte SAP-Partner wissen, wie Ziele und Parameter priorisiert werden sollten und wie Prozesse gestaltet werden müssen. So gelingt es Ihnen, das maximale Optimierungspotenzial im Kundenservice zu erreichen und sich langfristig vom Wettbewerb abzusetzen.
Quelle Titelbild: Axians Deutschland