25.01.2024

Nicht nur in der Industrieproduktion, sondern auch in Logistik und Warenverkehr setzen Unternehmen zunehmend auf den Einsatz von Robotern bis hin zu humanoiden Systemen. Der Versandhändler Otto zum Beispiel will so einen zweibeinigen Hund zum intelligenten Laufboten machen.

Anders als in Science-Fiction-Filmen waren Roboter lange Zeit fest installierte Boliden, wie man sie aus der Teilefertigung in der Automobilindustrie kennt. Aber die Geschichte des Roboters oder Homunculus begann eigentlich mobil. Der mythische chinesische Kaiser Huang Di soll vor rund 5600 Jahren einen Kompasswagen erfunden haben, um ihn durch nebliges Feindesland zu lenken. Als Urvater der Robotik gepaart mit Automatisierung gilt der griechische Mathematiker und Ingenieur Heron von Alexandria. Denn der hat im 1. Jahrhundert nach Christus neben seiner Näherungsformel für Quadratwurzeln auch schon die ersten programmierbaren Geräte entwickelt, darunter den sogenannten Heronsbrunnen und ein Fahrzeug, das wie von selbst über eine Theaterbühne fuhr.

Wenn bald die Lieferdrohne dreimal klingelt

Dass Roboter heute mobil sein können und massenmarkttauglich sind, ist vor allem Fortschritten in der Batterietechnik und neuen Funkstandards zu verdanken. Und da kommt heute immer mehr 5G ins Spiel. Der neue Mobilfunkstandard ist für Industrie und Logistik deshalb besonders interessant, weil er erlaubt, Transportroboter oder Drohnen auch über große Entfernungen und in der Luft punktgenau zum Ziel zu bringen. Transportdrohnen sind längst keine Science Fiction mehr, sondern liefern wie bei Zipline in den USA lebensrettende Medikamente oder Blutkonserven aus. Amazon-Gründer Jeff Bezos hatte 2013 bereits verkündet, mit Drohnen kleinere Pakete bis zu einem Gewicht von 2,5 Kilogramm ausliefern zu wollen.

2021 hat sein Unternehmen das Patent für Lieferwagen als Ladestationen für solche Fluggeräte eingereicht. Im Januar 2023 hatte sich der Versand- und Logistikriese vorgenommen, in zwei Testregionen 10.000 Pakete zu verschicken. Laut Spiegel waren es bis Mitte Mai jedoch nur 100, was Amazon unter anderem mit den fehlenden Vorgaben für einen geplanten Luftkorridor in den USA erklärte. An den Kosten soll es nicht scheitern, denn will man McKinsey glauben, könnten Lieferdrohen für die Paketzustellung genauso kostengünstig wie herkömmliche Transportwege sein, in schwer zugänglichen Gebieten sogar günstiger und umweltfreundlicher.

Versandriesen und Paketzusteller setzen auf Transportroboter

Aber es geht natürlich nicht nur um Drohnen. Der größere Hoffnungsträger der Logistikbranche und Paketzusteller sind Transportroboter, wie sie in der Intralogistik seit langem erprobt und im Einsatz sind. Die Otto-Tochter Hermes UK hat 2016 bereits die Paketzustellung mit einem Starship-Roboter getestet. Ein PostBOT genannter Begleitroboter der Deutschen Post kam ein Jahr später nicht über die Testphase hinaus und wurde 2019 vorübergehend auf Eis gelegt, soll aber weiter entwickelt werden.

Amazon hat Ende August 2023 in Großenkneten, Landkreis Oldenburg, ein BRE2 genanntes neues Logistikzentrum in Betrieb genommen. Auf vier Ebenen bietet das eine Fläche von etwa 55.000 Quadratmetern. Über 3.000 Roboter sollen dort bis zu 550.000 Pakete täglich für den Versand vorbereiten. Ohne menschliche Arbeitskräfte geht es aber nicht. Um die rund 1.000 neu geschaffenen Jobs im Städtedreieck Bremen, Oldenburg und Osnabrück attraktiv zu machen, hat Amazon mit einer 4-Tage-Woche, Entwicklungsperspektiven, 826 Parkplätzen und einem vorübergehend eingerichteten eigenen Werksverkehr mit zwei Bushaltestellen gelockt.

Otto wiederum, der einzig verbliebene große deutsche Versandhändler und Nummer zwei in Deutschland nach Amazon, plant den Einsatz von Robotern der Firma Boston Dynamics, die viele schon von dem Roboterhund „Spot“ kennen. Der läuft in Hamburg an der Köhlbrandbrücke unter der Fahrbahn her, um die Betonwände der Pfeiler auf mögliche Risse und andere Mängel zu untersuchen.

Otto plant den Einsatz von Robotern der Firma Boston Dynamics (Quelle: Adobe Stock/Nguyen Duc Quang).

Hermes könnte bald einen Hund namens Spot losschicken

Der Otto-Konzern und sein Paketdienst Hermes wollen einige der Roboter von Boston Dynamics in der Logistik arbeiten lassen. An 20 Standorten soll der Roboter vom Typ „Strech“ eingesetzt werden, um zum Beispiel Container zu entladen, so Vorstand Kay Schiebur. Denn manchmal warten 60 bis 100 Container täglich darauf, entladen zu werden, was sich oft als Flaschenhals in der Logistik erweise.

Der vierbeinige Roboterhund „Spot“ soll innerhalb der nächsten zwei Jahre ebenfalls Einsatz finden, um zum Beispiel Tunnel zu inspizieren, Geräteanzeigen abzulesen und Lecks an Gas- und Druckluftleitungen aufzuspüren. In weiterer Zukunft sollen dann auch humanoide Roboter vom Typ „Atlas“ folgen, der auf zwei Beinen laufen kann und somit den Vorteil hat, mobiler zu sein, um Pakete für Hermes auszuliefern, wie Robotics-Chef Robert Player von Boston Dynamics erklärte. Er räumte jedoch ein, dass bis zur Vermarktung des Humanoiden noch einige Zeit vergehen werde.

Otto und sein Paketdienst Hermes setzen bereits große Knickarmroboter ein (Quelle: Adobe Stock/WS Studio 1985).

Bis dahin soll „Stretch“ einspringen und mit seinen an den großen Greifarmen befestigten Saugnäpfen Kartons mit einem Gewicht von bis zu 23 Kilogramm bewegen, um sie im ersten Schritt aus dem Container zu holen und auf ein Laufband zu legen.

Wie Versandvorstand Schiebur betont, wolle Otto mit KI ausgestattete Roboter auf breiter Front einsetzen und sein Unternehmen habe auch schon über 100 entsprechende Anwendung identifiziert.

Fazit und Ausblick: Beispiele für den Einsatz von Robotern finden sich zuhauf, so auch immer mehr im häuslichen Umfeld als Staubsauger- oder Rasenmäherroboter. Die Kommerzialisierung kommt wie in der Logistik auch vielen B2B-Anwendungen zugute, weil die Lösungen so bezahlbar geworden sind. Angesichts des zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangels wird es gar nicht ausbleiben, dass bald Transportroboter und Drohnen im größeren Umfang für Lieferdienste eingesetzt werden.

Dazu tragen auch neue Funkstandards wie 5G bei. Viele Unternehmen setzen heute schon genau für solche Anwendungen 5G-Campusnetze ein. Axians, ein Tochterunternehmen von VINCI Energies und damit auch des französischen Bauriesen VINCI S.A., ist ein führender Anbieter solcher firmeneigenen Netze und darüber hinaus auf übergeordneter Infrastrukturseite ein maßgeblicher Treiber von 5G-Netzen und der Breitbandversorgung in Deutschland und Europa. Beispiele dafür sind die Verlegung von Glasfaserleitungen über ein Trenching („Furchen“) genanntes Verfahren mit minimalem Eingriff in Landschaft und Verkehr sowie ein Projekt in Neu-Ulm mit Bündelung von 5G-Transmittern.

Quelle Titelbild: Adobe / guteksk7

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