25.09.2023

In Steinhausen, einer der beiden Standorte für die Instandhaltung von S-Bahnen in München, hat die Deutsche Bahn ein Pilotprojekt gestartet. Damit will sie etwa mit Inspektionsrobotern dem Fachkräftemangel und dadurch verursachten Verspätungen entgegenwirken.

In Steinhausen, an der Grenze der Münchener Viertel Bogenhausen und Trudering-Riem, unterhält die Deutsche Bahn seit über 50 Jahren ein S-Bahn-Werk für die Instandhaltung und Wartung der Züge. Im Juli 2023 von DB Netz und der S-Bahn vorgelegte Pläne sehen nun ein neues, hochmodernes Werk etwas südlich des bestehenden vor. Mit Photovoltaik und Geothermie soll das vor allem auch der Nachhaltigkeit dienen.

Aber der Standort Steinhausen bietet für die Deutsche Bahn noch mehr. Denn dort hat das Staatsunternehmen ein Pilotprojekt gestartet, um mit Digitalisierung, Automatisierung und Unterboden-Inspektionsrobotern die Wartung und Instandhaltung von Zügen effizienter zu machen. Damit will sie einerseits dem Fachkräftemangel entgegenwirken, andererseits aber auch den immer wieder beklagten Ausfällen und Verspätungen von Zügen. Der Plan sieht vor, das Personal weitestgehend von zeitraubenden Routinearbeiten zu entlasten und die Wartung und Instandhaltung somit deutlich zu beschleunigen.

Beschleunigte Inspektion durch Unterflurroboter & Co.

Wie Evelyn Palla, DB-Vorständin für den Regionalverkehr, Ende Juli in Steinhausen erklärte, wolle das Unternehmen wachsen und es sei geplant, die Münchener S-Bahnflotte um 16 auf dann insgesamt 289 Fahrzeuge zu erweitern. Dazu soll auch in Pasing-Langwied im Westen der Stadt am wichtigen Knotenpunkt Richtung Augsburg ein neues S-Bahn-Werk entstehen.

Geplant ist es, die S-Bahnstrecke auszubauen, doch dies ist wegen der aktuellen Lage nicht umsetzbar.(Quelle: Adobe Stock/VectorMine).

Das macht es nötig, ein Mehr an Stellen zu schaffen. Dies gibt der Arbeitsmarkt aktuell aber leider nicht her, weshalb es vor allem darum gehen soll, durch Automatisierung das bestehende Personal zu entlasten.

Genau darauf zielt das Pilotprojekt ab. Bei dem Ende Juli in München-Steinhausen vorgestellten Unterflur-Inspektionsroboter handelt es sich um den allerersten Prototypen seiner Art. Bisher müssen die DB-Mitarbeitenden in einen Schacht steigen und die Waggons und Züge selbst in Augenschein nehmen. Die Inspektion kann so Stunden dauern. Mit Robotern und KI lässt sich die Zeit deutlich reduzieren.

In Steinhausen sind für Deutschlands drittgrößtes S-Bahnnetz (nach dem von Mitteldeutschland und Rhein-Ruhr) 240 Menschen aus zehn Berufen tätig, um die über 100 Tonnen schweren und fast 70 Meter langen Züge spätestens nach 17.500 gefahrenen Kilometern regelmäßig zu inspizieren und auf Schäden zu untersuchen. Bei 1.000 täglichen Fahrten ist das also mindestens einmal im Monat der Fall.

Steinhausen soll erst der Anfang sein

Wann genau Roboter im großen Stil bei der DB zum Einsatz kommen, ist noch nicht geklärt. Zunächst soll der besagte Prototyp in Steinhausen erprobt und weiterentwickelt werden, bevor andere DB-Standorte folgen können.

Dabei ist die Bahn bei der Untersuchung im oberen Teil der Züge technologisch schon weiter. Denn in  den Gleisen der Werkszufahrt ist eine automatisierte Radsatz-Messanlage installiert, bei der ein Laserscanner das Radprofil und ein Tast-Mechanismus im Gleis unrunde Stellen erfasst, die beim Fahren das unerwünschte Rattern verursachen können. Statt drei Stunden dauert diese Art der Überprüfung der Räder nun weniger als eine Minute. In einem weiteren Schritt passiert der Zug ein mit 15 Kameras ausgestattetes Kamera-Tor, das bei einer Fahrgeschwindigkeit von rund 10 km/h die Waggons auf mögliche Schäden untersucht.

Das KI-gestützte System meldet auch, ob sich nach einem Sturm Äste auf dem Zug befinden, die zu weiteren Schäden führen könnten. Noch sind allerdings menschliche Assistenten notwendig, um einen Schaden aufgrund der Bilder identifizieren zu können. Aber möglicherweise in einem Jahr soll das System schon selbst in der Lage sein zu erkennen, ob ein relevanter Schaden vorliegt. Derzeit arbeitet es noch mit einer Erkennungsgenauigkeit von 90 Prozent, die noch nicht ausreicht, um das System komplett autonom arbeiten zu lassen.

Wenn es aber soweit ist, rechnet die Deutsche Bahn mit Einsparungen von 20 Arbeitsstunden pro Tag oder 7.300 Arbeitsstunden im Jahr. Und damit soll sich auch die viel beklagte Pünktlichkeitsquote verbessern. Im Münchener S-Bahnnetz lag die zuletzt bei 90,1 Prozent, bei den Fernzügen sogar nur bei 65 Prozent. „Pünktlichkeit beginnt im Werk“, sagt Technikvorständin Daniela Gerd tom Markotten dazu.

Dabei geht es der Deutschen Bahn aber auch darum, das Wartungspersonal zu entlasten, denn bei dem sich noch verschärfenden Fachkräftemangel kann von möglichen Entlassungen in dem Bereich keine Rede sein. Ganz im Gegenteil lockt das Staatsunternehmen seit Jahren schon mit verschiedenen Werbekampagnen junge Menschen beruflich auf die Schiene.

Wenn die KI-gestützten Systeme von selber laufen, können bis zu 7.300 Arbeitsstunden im Jahr eingespart werden (Quelle: Adobe Stock/Studio_East).

Quelle Titelbild: Adobe Stock / I-Wei Huang

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