14.10.2021

Eine neue Trendstudie zur Arbeitgeberattraktivität der Universität St. Gallen zeigt, dass diese noch maßgeblicher als 2015 zu Leistung, Wachstum, Innovationskraft und Produktivität von Unternehmen beiträgt. Besonders Frauen und die der Generation X reagieren darauf.

In der Coronakrise hat sich gezeigt, wie sich Vertrauen und guter Umgang mit den Beschäftigten im Homeoffice in „Treuepunkten“ wie Verlässlichkeit oder gar noch mehr Einsatz für das Unternehmen auszahlen kann. Und das steigert letztlich auch die Arbeitgeberattraktivität.

Regelmäßig veröffentlicht das Konstanzer Zentrum für Arbeitgeberattraktivität (zeag) Studien zu Trendthemen aus der Arbeitswelt. In der frei zugänglichen Trendstudie 2021 „Arbeitgeberattraktivität im Wandel“, die zusammen mit dem Institut für Personalmanagement und Führung der Schweizer Universität St. Gallen entstanden ist, fällt auf, dass attraktive Arbeitgeber gegenüber einer Vergleichsstudie von 2015 vor allem in zwei von fünf Bereichen deutlich auf der Gewinnerspur sind:

  • Unternehmensleistung insgesamt (+19 Prozent gegenüber 16 Prozent 2015)
  • Innovationskraft (+24 Prozent gegenüber 12 Prozent 2015)
  • Produktivität der Beschäftigten (+ 23 Prozent)
  • Unternehmenswachstum (+28 Prozent)
  • Zufriedenheit der Mitarbeitenden (+18 Prozent)

Frauen und Gen X springen mehr darauf an

Was die Mitarbeiterzufriedenheit angeht, reagieren Frauen positiver auf attraktive Arbeitgeber als Männer (mit +26 zu + 14 Prozent), gleichzeitig neigen sie aber auch dazu, emotional erschöpfter zu sein, wenn sie in einem für sie unattraktiven Unternehmen beschäftigt sind (mit 26 zur 21 Prozent). Wie weit das auf das jeweilige eigene Unternehmen oder Arbeitsumfeld zutrifft, ist natürlich auch branchen- und aufgabenabhängig. Wer weiter oben in der Hierarchie oder Beliebtheitsskala ist, wird das wahrscheinlich anders bewerten als „die da unten“.

Auswirkungen von Arbeitgeberattraktivität unterschieden nach Geschlechtern
Die Auswirkungen von Arbeitgeberattraktivität unterschieden nach Geschlechtern. Quelle. TOP JOB 2021.

Gleiches gilt auch für die Generation X der zwischen 1965 und 1979 Geborenen. 35 Prozent von ihnen reagieren bei einem unattraktiven Arbeitgeber mit emotionaler Erschöpfung. Bei den Babyboomern (1946-1964) und der Generation Y (1980-1996) sind es jeweils nur 22 Prozent. Bei der Generation Z der zwischen 1997 und 2012 Geborenen, die jetzt mehr und mehr in die Berufswelt drängt, sind es 26 Prozent. Angesichts des noch sehr jungen Alters zeigt das aber auch, wie anspruchsvoll diese von McKinsey „Gen Truth“ genannte Z-Alterskohorte ist. Denn in Sachen Kündigungsbereitschaft sind sie bei einem unattraktiven Arbeitgeber mit 34 Prozent zusammen mit denen der Vorgänger-Generation X (44 Prozent) ebenfalls vorn.

Die Auswirkungen von Arbeitgeberattraktivität unterschieden nach Generationen
Die Auswirkungen von Arbeitgeberattraktivität unterschieden nach Generationen. Quelle. TOP JOB 2021.

Die Definition der Altersgruppen ist von Studie zu Studie, Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland zum Beispiel hat sich die Zeit der Babyboomer wegen der vielen männlichen Kriegsheimkehrer von 1955 bis 1969 in den offiziellen Statistiken deutlich nach hinten verschoben. Aber wie die Studienmacher es sehen, stehen bei der Gen X Vertrauen und Freiraum für Führung ganz oben auf der Bedürfnisliste, bei der Gen Y internes Unternehmertum und bei den Gen Z eine produktive, positive Energie.

Positive und negative Treiber

Als stärkste positive Treiber der Arbeitgeberattraktivität sehen sie eine Kultur, die neue Arbeitsformen trägt (Stichwort New Work), Vertrauen und internes Unternehmertum. Als die drei stärksten „Zerstörer“ sehen sie ein von Resignation geprägtes Klima (resignative Trägheit), Altersdiskriminierung und das Gefühl, kaum Entscheidungen (mit) treffen zu können.

Wie groß oder klein die Begeisterung der jeweiligen Altersgruppen für ihren Arbeitgeber ist, zeigt diese Grafik:

Anteil an Fans unterschieden nach Generationen.
Anteil an Fans unterschieden nach Generationen. Quelle TOP JOB 2021.

Entscheidend für viele Beschäftigte sind besonders für die Gen Z neben der Vergütung auch Aufstiegschancen und die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Bei den Babyboomern sind letztere Faktoren weniger von Bedeutung, was sicherlich auch daran liegt, dass sie alles schon erreicht haben oder sich mehr oder weniger schon aus dem Berufsleben verabschieden

Als wichtigste Einflussfaktoren für die Arbeitgeberattraktivität zieht die Computerwoche aus der Studie New Culture, internes Unternehmertum und Vertrauen heraus. Zur New Culture gehören nicht nur neue Arbeitsformen, sondern auch eine vertrauensbasierte Arbeitskultur mit flexiblen Strukturen. Der Schlüssel zum Erfolg liege hier beim Top-Management als Vorbild. Das setzt aber auch das Vertrauen der Führungskräfte in ihre Mitarbeitenden voraus. Internes Unternehmertum ist vor allem bei Männern und besagter Gen Y hoch im Kurs. Gemeint ist eine Empowering Leadership mit einem Management, das die Mitarbeitenden ermutigt, auch mal Risiken einzugehen und neue Ideen zu entwickeln.

Vertrauenskultur ist ganz wichtig

In einer starken Vertrauenskultur können Führungskräfte und ihre Mitarbeitenden sich idealerweise aufeinander verlassen und eben vertrauen, dass zum Beispiel im Homeoffice, wie in Coronazeiten für viele Menschen das New Normal, wirklich gearbeitet wird. Unternehmen mit überwiegend männlicher Belegschaft und Leistungsträgern der Generation X sei es besonders ratsam, den vertrauensvollen Umgang mit den Mitarbeitenden zu suchen.

Als Bremsfaktoren für die Arbeitgeberattraktivität hebt die Studie „die Wahrnehmung der VUCA-Welt“ hervor. VUCA steht für Votalität (Flüchtigkeit der Arbeitsumstände), Ungewissheit (bezüglich der Prozesse und zukünftigen Entwicklung), Ambiguität (Mehrdeutigkeit oder Widersprüchlichkeiten in der heutigen Arbeitswelt) und Komplexität (gemeint ist die zunehmend schwierige Bestimmbarkeit von Ursache und Wirkung).

HR-Instrumente wie cross-funktionale Trainings sowie gezielte Förderung und Würdigung von Innovation können der Studie zufolge wesentlich zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität beitragen. Solche HR-Instrumente sollten aber immer die Bedürfnisse und Wünsche der Beschäftigten berücksichtigen und im Dialog gesucht werden und nie von der Stange. Wichtig sei auch, den Mitarbeitenden ausreichend Zeit zu geben, um sich an diese Maßnahme oder Instrumente zu gewöhnen.

Fazit und Meinung

Die eingangs genannten Studienergebnisse von 2021 gegenüber denen von 2015 sind schon erstaunlich. Dass die Attraktivität des Arbeitgebers oder Arbeitsplatzes zum Unternehmenserfolg und zu Innovation, den beiden „großen Gewinnern“ der Studie 2021, beitragen kann, leuchtet ein. Die Frage ist allerdings, wie groß der Einfluss wirklich ist und ob die Ergebnisse nicht zum Teil auch dem geschuldet sind, dass Arbeitgeberattraktivität und Employer Branding in den vergangenen fünf bis sechs Jahren allgemein mehr Aufmerksamkeit bekommen haben. Viele Studien und neue Veröffentlichungen weisen aber auch darauf hin, dass Eigenverantwortlichkeit und Freiheit der Arbeit zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit und Engagement führen. Und das hat sich für manche Unternehmen gerade in der Coronazeit bewiesen und sind schließlich wichtige Säulen des New Work, wie von dem deutsch-amerikanischen Philosoph Frithjof Bergmann 1980 erdacht und dem Psychologen Markus Väth 35 Jahre später weiterentwickelt. Homeoffice oder Remote Work sind auch bei Väth dabei nur Teilaspekte, stehen nach heutigem Verständnis aber oft im Vordergrund.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / Vasyl

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