17.11.2023

Rechenzentren in Deutschland werden immer leistungsfähiger und effizienter, aber leider auch immer energiehungriger, wie Bitkom mitteilt. Dadurch steigen die Kosten und die Ökobilanz wird belastet. Die Nutzung der Abwärme könnte helfen, aber trotz viel Offenheit gibt es dabei auch manche Hindernisse.

Die IT-Leistung von Rechenzentren in Deutschland hat sich in zehn Jahren auf zuletzt 2.341 Megawatt  fast verdoppelt, wobei die größten Zuwächse mit 2022 rund 880 MW von der Cloud-Nutzung ausgehen. Dabei hat sich die Effizienz der Data Center zwar in etwa versechsfacht, gleichzeitig ist der Strombedarf aber zwischen 2021 und 2022 von rund 11 Milliarden auf 18 Milliarden Kilowattstunden kräftig gestiegen, wie Bitkom auf Grundlage einer Studie zur aktuellen Marktentwicklung mit Update 2023 berichtet.

Viel läuft bereits über Ökostrom

Dabei unterstützen die Rechenzentrumsbetreiber die Klimaziele der Bundesregierung und den Weg zu einem nachhaltigen, perspektivisch CO2-neutralen Betrieb, heißt es in dem Bericht des Branchenverbands weiter. Und tatsächlich ist die Rechenleistung dank der Weiterentwicklung der eingesetzten Hard- und Software deutlich stärker gestiegen als der Energiebedarf, wie die besagten Effizienzgewinne zeigen.

Laut der Studie bezieht ein Großteil der Rechenzentren in Deutschland schon Strom aus regenerativen Quellen und mindestens die Hälfte von ihnen verfügt schon über Ökostrom-Verträge. Bitkom-Chef Dr. Bernhard Rohleder weiß, dass kaum ein Lebens- und Wirtschaftsbereich noch ohne die Leistung von Rechenzentren auskommt: „Sie sind das Rückgrat der Digitalisierung und für unsere digitale Souveränität und den Klimaschutz gleichermaßen unabdingbar.“

Viele Zentren verwenden bereits Ökostrom - dieser Trend steigt auch weiter (Quelle: Adobe Stock/Mediaparts).

Ohne Digitalisierung und die dafür erforderlichen Rechenzentren würden die Klimaziele nie erreicht werden.

Global hat sich der Serverbestand in Rechenzentren von 58,8 auf 85,6 Millionen seit 2015 deutlich erhöht. Der deutsche Anteil ist aber von 3,5 auf 3,0 Prozent leicht nach unten gegangen, obwohl auch hier Cloud Computing der maßgebliche Treiber ist. 89 Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen bereits Cloud-Anwendungen. Und die Kapazitäten von Cloud-Rechenzentren hat sich dabei von 470 MW auf besagte 880 MW in fünf Jahren fast verdoppelt. Und diese Rechenzentren machen heute bereits 38 Prozent des Marktes aus, heißt es in dem Bitkom-Bericht weiter.

Große Belastung durch gestiegene Energiekosten

Global hat sich der Serverbestand in Rechenzentren von 58,8 auf 85,6 Millionen seit 2015 deutlich erhöht. Der deutsche Anteil ist aber von 3,5 auf 3,0 Prozent leicht nach unten gegangen, obwohl auch hier Cloud Computing der maßgebliche Treiber ist. 89 Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen bereits Cloud-Anwendungen. Und die Kapazitäten von Cloud-Rechenzentren hat sich dabei von 470 MW auf besagte 880 MW in fünf Jahren fast verdoppelt. Und diese Rechenzentren machen heute bereits 38 Prozent des Marktes aus, heißt es in dem Bitkom-Bericht weiter.

Große Belastung durch gestiegene Energiekosten

Insgesamt gibt es heute in Deutschland rund 3.000 Rechenzentren mit einer Anschlussleistung von mindestens 40 kW und mindestens 10 Server-Racks, zuzüglich 47.000 kleinerer Datacenter. Die meisten großen Rechenzentren sind im Raum Frankfurt am Main angesiedelt, wo mit dem DE-CIX auch Europas größter Netzwerkknoten steht und sich knapp ein Drittel der gesamten Rechenzentrumskapazitäten befinden. Dahinter folgen Berlin, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie Brandenburg, das von der Nähe zu Berlin profitiert.

Eine große Belastung für deutsche Rechenzentren stellen die massiv gestiegenen Energiekosten dar. Lag der Strompreis in der zweiten Jahreshälfte 2019 im Schnitt noch bei 14,8 Cent, waren es drei Jahre später (2H 2022) mit 24,6 Cent über 60 Prozent mehr.

Das die Rechenzentren auch Ökostrom benutzen ist gut, doch in den letzten Jahren stiegen die Kosten für den Strom (Quelle: Adobe Stock/Anaya).

Andere Länder wie Norwegen (mehr als 210 Prozent) sowie Schweden und die Niederlande mit jeweils über 150 Prozent hatten bei den Stromkosten deutlich höhere Zuwächse, allerdings von einem geringeren Niveau ausgehend. Denn in Norwegen waren es zuletzt 22,9 Cent pro Kilowattstunde und damit immer noch weniger als in Deutschland. Durch die höheren Strompreise rechnen die deutschen Rechenzentren mit einer Mehrbelastung von etwa 1,8 Milliarden Euro. Für Rohleder ist es daher wirtschafts- und klimapolitisch nicht verständlich, dass, wie von der Bundesregierung angekündigt, einzig der Industriestrompreis deutlich fallen soll.

Abwärmenutzung braucht bessere Rahmenbedingungen

Was den künftigen Energiebedarf von Rechenzentren betrifft, gehen die Prognosen für 2030 auseinander.  Bei extrem steigenden Kapazitäten könnten es in dem Jahr schon 34 TWh sein, bei linearem Wachstum wie bisher werden es 2030 etwa 27 TWh sein. Die 18 TWh 2022 entsprechen übrigens rund 0,55 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland. In beiden Szenarien wird der Anteil demnach bei unter einem Prozent bleiben. Und wenn die Effizienzpotenziale in Infrastruktur, Hard- und Software konsequent ausgebaut werden, dürfte der Anstieg des Energieverbrauchs der Rechenzentren laut Bitkom deutlich niedriger ausfallen als erwartet. Rohleder zufolge ist es im ureigensten Interesse der Rechenzentren, Energie einzusparen und so ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Und dadurch würde sich auch der ökologische Fußabdruck aller digitalen Lösungen and Anwendungen für Industrie, Verwaltung und bis hin in die Privathaushalte mit ihrem Streaming-Hunger verbessern.

Durch die neuerliche verstärkte Kohleverstromung hat sich die Ökobilanz der Rechenzentren allerdings wieder etwas verschlechtert. Ausgehend vom deutschen Strommix belief sich der Wert des erzeugten CO2s 2012 noch auf 6,5 Millionen Tonnen, 2020 war er trotz der Leistungssteigerungen auf 6,4 Millionen Tonnen gesunken, 2021 und 2022 aber auf 7,4 respektive 7,8 Millionen deutlich gestiegen. Würde sich der deutsche Strommix, wie von der Bunderegierung angestrebt, bis 2030 auf 80 Prozent Erneuerbaren zusammensetzen, ließen sich die Emissionen der Rechenzentren entsprechend halbieren, rechnet Bitkom vor. Und bei geplanter Pflicht zur Klima-Neutralität ab 2027 würden sie auf dem Papier zumindest CO2-neutral.

In der aktuellen Debatte um das neue Heizungsgesetz wird oft übersehen, welchen Beitrag industrielle und von Rechenzentren erzeugte Fernwärme leisten kann. 70 Prozent der von Bitkom befragten Betreiber und Fachleute halten das für möglich, 67 Prozent sogar für grundsätzlich richtig, diese Energie flächendeckend zu nutzen. Allerdings geht das geplante Energieeffizienzgesetz nach Ansicht von Bitkom weit über das Ziel hinaus, weil dort eine erzwungene Abgabe von 20 Prozent der Abwärme vorgesehen ist, die technisch nur in wenigen Ausnahmefällen möglich sei. Auch fehlen dafür laut Hauptgeschäftsführer Rohleder die dafür benötigten Fernwärmenetze der 4. Generation.

Und bliebe es bei dem geplanten Gesetz, könnten Rechenzentren sich auch nur dort ansiedeln, wo solche Abwärme-Netze bereits vorhanden oder verbindlich vorgesehen sind. Rechenzentren würden aber dort gebaut, „wo in großem Umfang Strom aus grundlastfähigen Quellen bereitsteht und ein hoher regionaler Bedarf an Rechenpower herrscht“, so Rohleder.  Sein Verband spricht sich dafür aus, dass Deutschland dem Ansatz der EU folgt und von allen neuen Rechenzentren eine Kosten-Nutzen-Bewertung der Abwärmenutzung verlangt. Das sei sinnvoll, aber ohne entsprechende Abnehmer und die erforderlichen Infrastrukturen auch „realitätsfremd“.

Quelle Titelbild: Adobe / Production Perig

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