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Gesetzesvorschlag will Deutschland zur Nr. 1 beim autonomen Fahren machen

Auf die letzte Minute hat das Bundesverkehrsministerium im Februar 2021 einen Gesetzentwurf für autonomes Fahren in Deutschland eingebracht. Welche Möglichkeiten sich daraus ergeben und welche Hürden im Weg liegen, lesen Sie hier.

Um der „Diskontinuität“ vor Ablauf der Legislaturperiode vorzukommen, hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) unter Andreas Scheuer tatsächlich sogar fast auf die Sekunde ein Gesetzesvorhaben ins Kabinett eingebracht, das Deutschland zum Pionier beim autonomen Fahren machen soll. Gemeint ist nicht länger nur der Einsatz solcher Fahrzeuge auf Teststrecken mit zeitlicher Befristung, sondern auch in der Breite auf ausgewiesenen Straßen. Allerdings gibt es noch einige Hürden und Kritikpunkte, die das Projekt zum Scheitern bringen könnte, wie das Handelsblatt schreibt.

Innovationen und zügige Transformation angestrebt

„Deutschland wird als erstes Land weltweit autonome Fahrzeuge aus den Forschungslaboren auf die Straße holen – heute sind wir diesem Ziel einen entscheidenden Schritt nähergekommen“, schickte Bundesverkehrsminister Scheuer dem eingebrachten Gesetzentwurf laut Pressemeldung vom am 8. Februar 2021 hinterher. „Wir brauchen die zügige Umsetzung für die Innovationen im Transformationsprozess. Ich bin mir sicher, wir werden auch hier zu wegweisenden Einigungen kommen, damit Deutschland auch weiterhin international die Nummer 1 beim Fahren bleibt“, fügte er hinzu.

Erste Schritte dahin war im Juni 2017 ein Gesetz zum automatisierten Fahren gemäß Stufe 3 mit der Auflage, dass ein Fahrer weiterhin am Steuer sitzen muss, um gegebenenfalls einzugreifen. Mit dem geplanten neuen Gesetz soll autonomes Fahren laut Stufe 4 in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können – und das bundesweit.

Stufenplan von unterstützend bis komplett fahrerlos

Damit würde Deutschland zum ersten Land weltweit, das „Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt“, heißt es in der Pressemeldung weiter. Ziel sei es, bis 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen. Bisher war nur teilautomatisiertes und hochautomatisiertes Fahren der Stufen 2 und 3 mit notfalls Eingreifen der Fahrer erlaubt oder in der Pipeline. In der angestrebten 4. Stufe der Fahrzeugautomatisierung sollen die Vehikel sich zwar schon ohne Fahrer bewegen können, aber noch in einem überwachten System, das bei der 5. Stufe dann schon wegfallen könnte, so der Plan.

Genannte Einsatzszenarien sind:

    • Shuttle-Verkehr etwa wie an Flugplätzen

 

    • Peoplemover (oder People-Mover), auch People Transport Systems (PTS) genannt

 

    • Hub2Hub-Verkehr (wie zwischen Produktion und Lager)

 

    • nachfrageorientierte Angebote in Randzeiten

 

    • Beförderung von Personen oder Gütern auf der letzten Meile

 

    • „Dual Mode“-Fahrzeuge wie beim Automated Valet Parking (fahrerloses Parken)

 

 

Das Gesetz will unter anderem die technischen Anforderungen an den Bau, die Beschaffenheit und Ausrüstung der Fahrzeuge und einheitliche Vorschriften für den Einsatz von autonomem Fahren regeln.

Herausforderungen, Kritikpunkte und Bedenken

Voraussetzung für autonomes Fahren wäre zumindest regional eine flächendeckende Versorgung mit 4G- oder besser noch 5G-Netzen. Die Mobilfunkbetreiber sind da unter anderem mit Hilfe von Axians und VINCI Energies schon ein Stück weiter, wie Sie eindrucksvoll im Beitrag von Armin Przirembel auf Digital Chiefs lesen können. Es gibt jedoch immer noch Zweifel, ob die Bundesregierung ihr Ziel der flächendeckenden Versorgung bis 2025 einhalten kann, weil in manchen Landstrichen überhaupt kein Handy-Empfang ist.

Verfassungshüter und Experten sehen dem Handelsblatt zufolge auch noch eine Reihe von anderen Herausforderungen und Bedenken. Das fängt schon bei der Frage der Haftung an. Das Bundesjustizministerium besteht auf einem strengen Opferschutz und eine klare Hafterhaltung auch schon bei Geschwindigkeiten von weniger als 20 Stundenkilometer.

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Verfassungshüter und Experten sehen eine Reihe von Herausforderungen und Bedenken Quelle: iStock / metamorworks

Außerdem will das BMJV auch die Mindest-Versicherungssumme neu regeln. Immer wieder im Raum steht die Frage, ob ein autonomes Fahrzeug im Ernstfall das Recht haben soll, den Tod eines Seniors in Kauf zu nehmen, um ein Kind zu retten und vice versa.

Eine weitere Frage, die im Raum steht, ist die des Datenschutzes. Geht es nach dem Justizministerium und Verbraucherschützer, sollen alle Daten, die im Auto entstehen, zunächst einmal dem Halter des Fahrzeugs gehören und erst bei seiner Einstimmung auch für neue Dienste genutzt werden dürfen.

Die Zukunft kann kommen, nur wann?

Derweil melden verschiedene Verbände und Wissenschaftler noch Klärungsbedarf an. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sieht den Plan für verfrüht, die Automobilindustrie kritisiert die vorgesehenen zu kurzen Abstände für die TÜV-Untersuchungen. Peter Liggesmeyer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering in Kaiserslautern, meint, es sei „völlig irrational“ anzunehmen, dass in naher Zukunft ein Fahrzeug vollautonom durch eine deutsche Innenstadt fahren kann. Das Verkehrsgeschehen sei viel zu komplex, um nach dem derzeitigen Stand der Technik „ein gleichzeitig hochverfügbares und sicheres autonomes Fahrzeug“ zu entwickeln.

Ob die Zeit für komplett fahrerloses autonomes Fahren bis 2022 oder bei völliger 4G/5G-Abdeckung in ganz Deutschland schon reif ist, wird das langfristig doch die Zukunft sein, um eine Reihe von Verkehrsproblemen zu lösen. In Szenarien für Smart Cities eingebettet, wie sie Axians und VINCI Energies entwickeln, könnten autonome Fahrzeuge völlig staufrei durch die Städte rauschen. Das käme auch dem Energieverbrauch entgegen. So wie autonomes Fahren teilweise schon auf die Schiene gebracht wurde, könnten Shuttle-Busse in den Stoßzeiten eigene Spuren oder Vorfahrt haben, um zum Beispiel die Pendler aus ländlichen Regionen einzusammeln, die sich vielfach zurecht immer noch abgehängt fühlen. Ideen gibt es genug, man muss so wie das BMVI nur mal den Anfang wagen.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / AndSus

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