01.09.2022

Bei der Vernetzung von Maschinen und ihrer Sensoren setzen viele Unternehmen auf günstigere Funktechniken. Dabei kommt es aber nicht nur auf die Art der Funkverbindung an, sondern auch noch auf andere Punkte.

Das Industrial Internet of Things (IIoT) kommt in Deutschland mehr und mehr in Fahrt. Funktechniken spielen dabei für die Überbrückung der „letzten Meile“ zwischen den von den Sensoren gelieferten Maschinendaten und den Gateways in die Cloud oder einen zentralen Server eine immer größere Rolle. Denn sie sind oft weit günstiger als die Verkabelung über Bussysteme. In Industriebetrieben oder störanfälligen Umgebungen sind solche Feldbusse zum Verbinden von Sensoren und Aktoren sicherlich sinnvoll und vorzuziehen. Funktechniken böten sich aber an, wenn die Sensoren nur schwer erreichbar sind oder wenn es größere Entfernungen zu überbrücken gilt.

So viel vorab: 5G fliegen viele Hoffnungen entgegen und findet immer mehr Einsatz in der Industrie und in Campusnetzen, ist aber noch relativ teuer. Angefangen von der eigenen kabelgebundenen Gebäudevernetzung über Mobilfunk bis hin zu Low Power Wide Area Networks (LPWAN) gibt es verschiedene Möglichkeiten der Maschinenvernetzung. Welche kabellosen Verbindungen sich wofür eignen, fassen wir zusammen und machen dabei unter anderem für Mesh (Vermaschung) fünf verschiedene Funkverbindungstypen sowie ihre Vor- und Nachteile aus:

Stern, Mesh, Baum oder Linie

Stern: geringer Energieverbrauch, hoher Datendurchsatz, geringe Latenzen, aber auch geringe Reichweiten

Vollvermascht: hohe Zuverlässigkeit und Datendurchsätze, aber auch hoher Ressourcen- und Energieverbrauch und höhere Komplexität

Vermascht: sehr zuverlässig, relativ ausfallsicher (weil jedes Element mehrfach vernetzt ist), gut für größere Entfernungen sowie über verschiedene Räume und Anlagen hinweg, aber erhöhte Latenzzeiten und weniger Nodes auf Low-Power optimierbar

Baum: ähnlich wie Vermascht ein Kompromiss in puncto Energie verbrauch, Sicherheit und Latenzzeiten sowie Entfernungen, aber anfällig gegenüber Ausfall einzelner Netzwerkelemente

Linie: einfacher, ressourcenschonender Netzwerkaufbau, geringer Energieverbrauch, hohe mögliche Entfernungen, aber auch hohe Anfälligkeit gegenüber Ausfall einzelner Netzwerk-Elemente und hohe Latenzzeiten.

Acht Fragen, acht Antworten

Unabhängig von der Funktechnik und der Art der Verbindungswege sollten Unternehmen laut Elektronikpraxis und ECS acht Punkte beachten beziehungsweise Fragestellungen nachgehen:

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Bei der Wahl der richtigen Verbindung gilt es einiges zu beachten (Quelle: Adobe Stock / Frozen Action).

⒈ Daten: Je nach Use Case sollten die Betriebe sich fragen, wie viele Daten wie schnell und wie oft übertragen werden sollen. Niedrige Latenzzeiten können zum Beispiel bei Brandmeldern entscheidend sein. Hinzu kommt die Frage, ob eine bidirektionale Verbindung nötig ist, um neben Gerätedaten etwa auch Software-Updates kabellos zu übertragen.

⒉ Reichweite: Wie die Übersicht von IP Insider andeutet, kann die maximale Reichweite von den bestehenden Funkprotokollen und der Funktechnologie abhängen. LPWAN gilt als besonders reichweitenstark und eignet sich daher unter anderem für eine Stadt oder einen großen Industriepark. Für überschaubare Reichweiten tut es auch ein einfaches Mesh-Netzwerk.

⒊ Einsatzort: Dies betrifft weniger die Anwendung (Stadt oder kleine Fabrikhalle), sondern die Verhältnisse vor Ort, also ob es gilt, bis in Kellerräume oder hinter große Mauern vorzudringen und ob die Sensoren stationär oder mobil sind. Zur Überwachung eines Fuhrparks ist zum Beispiel eine Wireless-Technik mit hoher Netzabdeckung, sprich eine Mobilfunkverbindung, erforderlich.

⒋ Energieverbrauch: Viele IoT-Devices und Sensoren müssen wegen der Bauart ohne feste Stromversorgung auskommen, lassen aber auch keinen ständigen Batteriewechsel zu. Das heißt, sie müssen so wie ein implantierbarer Defibrillator (ICD) mehrere Jahre ohne Batteriewechsel überbrücken. Das versprechen LPWAN oder ähnliche Technologien wie NB-IoT, LoRaWan, Sigfox und Mioty. Ihr Vorteil ist der geringe Energieverbrauch, allerdings muss man dabei auch meist niedrigere Bandbreiten in Kauf nehmen. Bei kleinen Datenmengen, wie sie etwa bei Smart Meters anfallen, fällt das aber weniger ins Gewicht.

⒌ Verfügbarkeit: Diese und die Skalierbarkeit ist bei manchen Use Cases ganz entscheidend. 5G und NB-IoT sind noch im Aufbau, LoRaWan nicht überall flächendeckend verfügbar, manche Frequenzbänder je nach Land oder Region auch nicht. Andere stehen dagegen über mehrere Kontinente hinweg lizenzfrei zur Verfügung. Bei Anwendungen mit internationalem Bezug, beim Containertracking etwa, ist laut Bigdata Insider auch zu berücksichtigen, dass in einigen Ländern bestimmte Funkstandards nicht zulässig sind.

⒍ Zukunftssicherheit: Um nicht zu riskieren, dass wie bei 3G (UMTS) irgendwann der Saft aus ist, sollten Unternehmen genau die Entwicklung beobachten und eher auf offene Standards, ein großes Ökosystem und einen hohen Verbreitungsgrad der in Frage kommenden Technologie achten.

⒎ Sicherheit: Kabelgebundene Lösungen versprechen mehr Sicherheit als kabellose. Wenn Letztere zum Einsatz kommen sollen, müssen Unternehmen das Thema Sicherheit mit entsprechenden Verschlüsselungsverfahren und Authentifizierung besonders in den Fokus rücken.

⒏ Kosten: Bei der Bewertung sollten Unternehmen nicht nur Anschaffungs- und Betriebskosten, sondern auch Netzwerkgebühren und andere versteckte Kosten im Blick behalten.

Soweit hier eine Übersicht über die verschiedenen Funkverbindungstypen (Stern, Mesh, Baum und Linie) sowie anhand der acht genannten Fragen die wichtigsten Kriterien, um zu entscheiden, welche Funktechnologie die geeignetste ist, um den eigenen IIoT-Anforderungen zu genügen. LPWAN scheint oft die Antwort zu sein, ist aber so wie 5G auch nicht die günstigste Möglichkeit, Maschinen per Funk anzubinden, um ihre Daten in die Cloud zu bringen und dort weiter auszuwerten und nutzbar zu machen. Wo es auf weniger große Reichweiten ankommt, tut es wie gesagt auch ein einfaches Mesh-Netzwerk. LoRaWan scheint auch vielfach geeignet, ist ab er so wie 5G-Netze noch nicht überall verfügbar.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / ipopba

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