Rechenzentren Einsparpotenzial Digital Chiefs

Diese Komponenten benötigen die meisten Ressourcen in Rechenzentren

Rechenzentren haben einen immer größeren Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen. Besonders einzelne Komponenten wie die Kühlung oder der Server an sich benötigt viele Ressourcen. Dabei gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, Komponenten stromsparender zu bauen oder nicht rund um die Uhr laufen zu lassen, wie verschiedene Studien zeigen.

Mit dem durch Streaming, Videokonferenzen und Onlinespiele befeuerten Datenhunger wachsen auch der Stromverbrauch und die verursachten Umweltprobleme durch die IT- und TK-Industrie. Laut einer Studie der Universität Lancaster waren die beiden stark wachsenden Wirtschaftsbereiche 2019 schon für 2,8 Prozent der weltweiten fossilen Treibhausgasemissionen verantwortlich, während der immer wieder in der Kritik stehende Flugverkehr nur 1,7 Prozent dazu beisteuerte. Rechenzentren kamen 2021 schon auf gut ein Prozent des globalen Stromverbrauchs, Tendenz stark steigend. Das Crypto Mining von Bitcoin und Co. ist da noch nicht mal mit eingerechnet.

2022 soll allein der mobile Datenverkehr durch YouTube-Videos, E-Mails und digitale Musikstücke schon auf 77,5 Milliarden Gigabyte anwachsen. Dabei stehen viele Branchen und Unternehmen erst am Anfang der Digitalisierung. Eine Stunde Videokonferenz verbraucht schon so viel wie eine zehnminütige Autofahrt, eine E-Mail mit Fotoanhang bläst 50 g Kohlendioxid in die Luft, haben Forschende aus Kanada errechnet.

Große Anbieter arbeiten an Klimaneutralität

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Quelle: Adobe Stock / vegefox.com

Die großen Anbieter wie Microsoft, Amazon, Google sowie die Telekom und Vodafone in Deutschland sind sich dessen bewusst, dass die „CO2-Bäume“ ihrer Dienste und Rechenzentren nicht ewig in den Himmel wachsen dürfen und arbeiten an grünen Lösungen. Ziel ist es, den Stromverbrauch und die Treibhausgasemissionen deutlich nach unten zu fahren.

Die Telekom will zum Beispiel die Büros und Dienstflotte auf Klimaneutralität umstellen und bis 2040 die ganze Wertschöpfungskette. Telekom-Chef Timotheus Höttges nennt das eine „gewaltige Aufgabe“, die man nur zusammen mit Kunden und Partner erreichen könne. Als einen Beitrag zum Klimaschutz verschickt das ehemalige Monopolunternehmen Speedport-Router und Eigenmarkengeräte seit Sommer 2022 nur noch mit nachhaltiger Verpackung.

Die US-Riesen Google und Meta (Facebook und Co.), die für einen Großteil des globalen Datenverkehrs und damit verbundener CO2-Emissionen verantwortlich sind, wollen ihre Wertschöpfungskette sogar schon 2030 klimaneutral umrüsten. Das wären 20 Jahre vor dem Ziel der Vereinten Nationen und 15 Jahre vor dem, das sich Deutschland gesteckt hat.

Um das zu erreichen, haben die Internetgiganten begonnen, sich an Solar- und Windparks oder sogar Geothermiekraftwerken zu beteiligen. Netflix wiederum engagiert sich in Aufforstungs- und Sumpfprojekten. Wie das Handelsblatt schreibt, sind das aber Kompensationsstrategien, die den nur begrenzt verfügbaren grünen Strom von anderen Verbrauchern abziehen. Besser ist es daher, den Datenverkehr und damit auch den Stromverbrauch zu senken. Und das erfordert nicht zuletzt auch eine nachhaltige DC- und Netz-Infrastruktur, wie sie die Telekom anstrebt.

Green IT lebt weiter und wird noch wichtiger

Green IT, vor über 20 Jahren schon in aller Munde, lebt dabei weiter. Denn moderne Komponenten helfen so wie neue Kühlschränke oder Waschmaschinen daheim, den Stromverbrauch massiv zu senken. Ein wichtiger Schritt dahin sind für Telekommunikationsunternehmen und Betreiber Glasfasernetze. Denn diese bringen nicht nur deutlich höhere Datendurchsatzraten, sondern verbrauchen auch nur rund zehn Prozent der Energie pro Gigabyte im Vergleich zu traditionellen Kupferleitung, auf die Telekom und Vodafone so lange gesetzt und damit wertvolle Zeit verloren haben.

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Quelle: Adobe Stock / tobiasott

Auch das schwedische Unternehmen Ericcson hat zusammen mit Vodafone und der Bundesnetzagentur einen neuartigen Ruhemodus für Funkstationen getestet, der bei geringerer Nutzung in der Nacht weniger Strom verbraucht. Und zusammen mit der Telekom hat Ericsson auch Funkmasten mit eigener Solar- oder Windstromversorgung aufgestellt.

Serverhallen für Fernwärme nicht ganz so einfach

Große Anstrengungen für die Ressourcen bei Rechenzentren vollführen auch ihre Betreiber. Und dabei sind Server wie in den Anfängen von Green IT immer noch die größten Hebel, wie Grafiken des Borderstep Instituts in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt zeigen. Demnach ist der Energiebedarf in deutschen Rechenzentren zwischen 2010 und 2021 von 10,4 auf 17,1 Milliarde kWh gestiegen und 42 Prozent davon gehen immer noch auf Konto der Server. An zweiter und dritter Stelle der RZ-Stromfresser folgen mit 22 und 18 Prozent die Kühlung und Speicher, an vierter Stelle mit 11 Prozent die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV). Die Netzwerke sind mit 5 Prozent noch vergleichsweise genügsam.

Welch immenses Potenzial in den einzelnen Komponenten und ihrer Ressourceneinsparung stecken, zeigt auch die Zahlen Borderstep Instituts:

Die Abwärme in den Serverhallen ist immens, reicht aber allein nicht aus, um sie für Haushalte oder Büros weiter nutzbar zu machen. Das Kühlwasser in vielen Rechenzentren wird zum Beispiel im günstigsten Fall auf 35 Grad erhitzt. Erst in Verbindung mit Wärmepumpen lässt es sich einsetzen, um damit im größeren Stil Gebäude zu heizen. Bisher ist das aber laut Borderstep noch nicht wirtschaftlich genug. Aber mit neueren Kühlsystemen, die höhere Temperaturen bei der Abwärme erlauben, dürfte sich das ändern.

Eine Weile war die Verlegung von Rechenzentren in kältere Gefilde wie Skandinavien das große Hype-Thema. Aber darum ist es – vielleicht auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit – wieder etwas ruhiger geworden. Stattdessen setzt die Telekom-Tochter T-Systems in Biere in Sachsen-Anhalt auf „strikte Disziplin in Sachen Design“, wie der Innovationsbeauftrage Johannes Krafczyk es nennt. So habe man zum Beispiel durch eine optimale Aufstellung der Serverracks für einen besseren Luftzug gesorgt und damit bis zu 30 Prozent Stromeinsparungen realisieren können.

Die Eco Allianz sieht noch deutlichen Nachholbedarf, denn die Sustainable Digital Infrastructure Alliance e.V. (SIDA) geht von einem steigenden RZ-Anteil beim gesamten Strombedarf aus. Bis 2030 soll der Anteil auf 4 bis 5 Prozent wachsen.

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Mit 4-5 % des gesamten EU-Stromverbrauchs bieten Rechenzentren echtes Einsparpotenzial.

In Frankfurt arbeitet die Wohnungsbaugesellschaft Mainovia mit dem RZ-Betreiber Telehouse Deutschland gerade an einem Projekt, um bis zu 60 Prozent der Abwärme zum Beheizen eines neuen Wohnviertels zu nutzen. Wie Olaf Riedel, der EY-Leiter für den Bereich Technologie und Telekommunikation, sagt, stellen die RZ-Betreiber die Wärmeenergie meist sogar umsonst zur Verfügung, weil sie dadurch Stromkosten für die Kühlung sparen.

Ein Efficient Energy genanntes Startup hat mit E-Chiller ein neues Verfahren für die Wasserkühlung entwickelt, bei dem das Wasser durch Vakuum schon bei Zimmertemperatur verdampft, um dann mit geringerem Energieeinsatz ähnlich wie beim Schwitzen von Menschen schon für Kühlung von Serverräumen zu sorgen.

Fazit: Diese und andere Anstrengungen, den Energiehunger von Rechenzentren zu senken und die Abwärme umzuleiten und anders nutzbar zu machen, entwickelt sich zu einem riesigen Markt. Und sie sind notwendig. Denn so viel die Digitalisierung auch Anteil am menschengemachten Klimawandel hat, so viel bietet sie auch Potenziale, diesen durch neue Services wie intelligentere Verkehrs- und Parkleitsysteme ein Stückweit aufzuhalten oder sogar umzudrehen. Die Entwicklung geht weiter, so wie Server seit den Anfängen von Green IT vor 20 Jahren auch immer energieeffizienter und kompakter geworden sind.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / Seventyfour

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