EU-Kommission schlägt Weg in die digitale Dekade bis 2030 vor

Um den digitalen Wandel in der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben, hat die EU-Kommission im September 2021 eine digitale Dekade bis 2030 angestoßen. Damit verbunden ist das ehrgeizige Ziel, Europa im globalen Wettlauf digital in eine Führungsposition zu bringen.

Deutschland und Europa haben sich im Bereich Digitalisierung und moderner Technologien schon viel Butter vom Brot nehmen lassen. Man denke nur an Flüssigkristalle und die LCD-Technologie, beide von deutschsprachigen Wissenschaftlern entdeckt und erfunden, bevor die Amerikaner und die Japaner das Ruder übernahmen und davon profitierten. Im internationalen Vergleich sind Finnland, Schweden und Dänemark beim Index von 2020 für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft an der Spitze, viele andere europäische Länder hinken aber noch hinterher. Deutschland ist da mit Platz 12 zum Beispiel nur im Mittelfeld, wie das Handwerksblatt schreibt.

Digitaler Kompass 2030 bildet die Basis

Das soll sich nach Plänen der EU-Kommission nun grundlegend ändern. Sie will den Weg zu einer digitalen Dekade einschlagen. Die Vorschläge der Kommission von September 2021 bauen auf den im März präsentierten Digitalen Kompass 2030 auf, in dem sie bereits Zielvorstellungen für einen erfolgreichen digitalen Wandel der Wirtschaft und Gesellschaft Europas bis Ende des Jahrzehnts vorgelegt hatte.  Der Weg in die digitale Dekade soll das Ganze nun um einen soliden Governance-Rahmen erweitern, um die Digitalziele zu verwirklichen. Dem vorausgegangen waren mehrere Konsultationen mit Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen, Mitgliedsstaaten, Industrie und Verbänden, die nun den Weg mitskizzieren helfen sollen.

Wie dieser aussehen soll, hat unter anderem der französische EU-Kommissar Thierry Breton umrissen: „Europa ist fest entschlossen, im globalen technologischen Wettlauf eine Führungsrolle zu übernehmen. Die Festlegung der Ziele für 2030 war ein wichtiger Schritt, aber jetzt müssen wir Ergebnisse liefern. Wir müssen sicherstellen, dass Europa in den kommenden Jahren nicht in eine starke

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Mit einem digitalen Kompass will die EU-Kommission die digitale Transformation in Europa voranbringen. (Quelle: Adobe Stock / Sashkin)

Abhängigkeit gerät.“ Andernfalls werde man bei Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen leer ausgehen. Teil des Plans ist laut Handwerksblatt das Ziel, bis 2030 kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ein digitales Basisniveau zu verschaffen.

Es geht um die Zukunft für Unternehmen und Gesellschaft

Die für das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Margarethe Vestager erklärt: „Es geht um eine Zukunft, in der Unternehmen und unsere Gesellschaften Innovationen für sich arbeiten lassen. Wir wollen einen Governance-Rahmen auf der Grundlage eines jährlichen Kooperationsmechanismus schaffen, um die Ziele in den Bereichen digitale Kompetenzen, digitale Infrastrukturen sowie Digitalisierung der Unternehmen und öffentlichen Dienste zu verwirklichen.“ Die digitalen Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten seien in den letzten Jahren sehr unausgeglichen gewesen. Und in manchen Ländern gehe es immer noch sehr langsam voran. 2026 soll hinsichtlich der Fortschritte eine Art Kassensturz durch die Kommission erfolgen.

Der vorgeschlagene Governance-Rahmen sieht ein System zur Überwachung der Fortschritte über den Stand der digitalen Dekade und einen entsprechend verbesserten Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) vor.

Das ist auch Teil eines von der EU-Kommission vorgeschlagenen jährlichen Mechanismus für die Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten. Dazu gehören auch ein mit Handlungsempfehlungen gespickter jährlicher Bericht über den Stand der digitalen Dekade, mehrjährige strategische Fahrpläne für die einzelnen Mitgliedsstaaten und ein strukturierter jährlicher Rahmen, um Fortschritte zu erzielen, wo sie noch nicht zu sehen sind.

Mehrländerprojekte sollen Dinge vorantreiben

Außerdem beinhaltet der Plan der EU-Kommission auch großangelegte Mehrländerprojekte, die Investitionen in mehrere Schwerpunktbereiche beinhaltet. Diese sind: Dateninfrastruktur, stromsparende Prozessoren (Stichwort Green IT), 5G-Kommunikation, Hochleistungsrechner (HPC), sichere Quantenkommunikation mit Quanten Computing, öffentliche Verwaltung, Blockchain, Zentren für digitale Innovation und Investitionen in die digitale Kompetenz oder Befähigung der Menschen in der EU.

Im Rahmen der Mehrländerprojekte ist darüber hinaus geplant, Investitionen aus EU-Mitteln, einzelnen Mitgliedsstaaten und der mit 723,8 Milliarden Euro gepolsterten Aufbau- und Resilienzfazilität zu bündeln. Die EU-Kommission will dabei zum Beschleuniger von Mehrländerprojekten werden, Orientierungshilfen zu Umsetzungsmechanismen geben und „Unterstützung bei der Durchführung leisten, um für eine breite Beteiligung und eine erfolgreiche Umsetzung zu sorgen“. Ferner sieht das Programm mit dem Konsortium für eine europäische digitale Infrastruktur (EDIC) auch eine neue rechtliche Struktur vor, um eine rasche, flexible Ausgestaltung und Durchführung von Mehrländerprojekten zu ermöglichen.

Digitalgrundsätze sollen europäische Werte widerspiegeln

Parallel zu dem vorgeschlagenen Weg in die digitale Dekade arbeitet die EU-Kommission laut eigenen Aussagen auch an der Fertigstellung eines Vorschlages für eine gemeinsame „Erklärung zu den Digitalgrundsätzen“ des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Diese sollen europäische Werte und Rechte auch im digitalen Raum widerspiegeln und sicherstellen, dass Vorteile und Chancen der Digitalisierung, wie etwa der universelle Zugang zum Internet, allen zugutekommen.

Wie die digitale Infrastruktur aussehen soll, lässt die EU-Kommission abgesehen von 5G für alle weitgehend offen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning findet in der Presseerklärung der Kommission unter dem Stichwort „Algorithmen“ nur am Rande Erwähnung. Dabei spielen diese auch mit Blick auf Industrie 4.0 und dem von Axians und Actemium an führender Front mitbeackterten Feld des Industrial Internet of Things (IIoT) eine immer wichtigere Rolle. KI und ML sind darüber hinaus auch in vielen anderen Bereichen mehr und mehr gefragt, so zum Beispiel in Form von Bots oder Chatbots auch in der Kundenpflege. Schließlich wäre auch wünschenswert, dass es abgesehen von SAP mehr große europäische IT-Player im weltweiten Wettbewerb gibt und der Kontinent insgesamt wieder mehr zu einem digitalen Schwergewicht wird und sich eben nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig es ist, eigene Industrien aufzubauen und zu halten. Und das war der EU-Kommission bei den Vorschlägen sicherlich auch eine Lehre.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / BillionPhotos.com

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