Innovative Lösungen für IT- und OT-Sicherheit auf der it-sa 2024 interaktiv erleben
Redaktion Digital Chiefs
Vom 22. bis 24. Oktober 2024 versammelt sich die IT-Sicherheitsbranche in Nürnberg zur it-sa Expo ...
Zum BeitragAnfangs von vielen Medizinern mit Skepsis behandelt, ist Künstliche Intelligenz bei manchen Krankheiten gar nicht mehr wegzudenken. Das Internet of Things, VR und AR ziehen auch immer mehr ein in der Medizintechnik.
Gangstörungen, Demenzerscheinungen, Harninkontinenz, Apathie. Das sind auch für viele Neurologen klare Anzeichen für eine fortschreitende Altersdemenz, an der rund eine Millionen Menschen in Deutschland leiden. In zehn Prozent aller Fälle könnte aber laut NPH-Info Normaldruckhydrozephalus (NPH) oder Altershirndruck dahinterstecken. Und wie ein kolumbianischer Arzt bei einer pädiatrischen PH 1964 bereits feststellte, ist diese Form der Demenz durch Ablassen von Hirnwasser therapierbar, je früher, desto besser. NPH ist aber noch zu wenig erforscht und wird nur selten erkannt. Mit einem Shunt genannten implantierten Ablauf in die Bauchfellhöhle könnten viele Patienten wieder fast zu einem normalen Leben zurückkehren.
VEObrain, ein Spin-off der Uniklinik Freiburg, hat ein Cloud- und KI-gestütztes Analysetool für die vollautomatisierte Ganzhirnvolumetrie entwickelt, das mittels Machine Learning (ML) typische Atrophie- oder Gewebeschwundmuster und eine prozentuale NPH-Wahrscheinlichkeit anzeigen kann. Das Investment zitiert in einem umfassenden Artikel zum Thema, welche Chancen KI in der Medizin bietet, Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach bis 2050 rund 152 Millionen Menschen an Demenz erkranken könnten.
Da es noch keine Heilmittel gebe, müsse die Krankheit ab den ersten Anzeichen behandelt werden, um die neurodegenerativen (wie bei NPH) wenigstens zu verlangsamen. KI kann bei der Erkennung eine wichtige Rolle spielen, wie obiges Beispiel und eine Studie der University of San Francisco zeigt. Der von ihr entwickelte Algorithmus soll Anzeichen von Demenz oder anderen degenerativen Erscheinungen im Schnitt sechs Jahre früher feststellen können als Radiologen.
Auch wenn derzeit COVID-19 alles überschattet, ist Krebs wohl immer noch die größte Geißel der Menschheit. Lungenkrebs ist dabei mit fast zwei Millionen Todesopfern immer noch die tödlichste Krebserkrankung. Aber bei der Krebserkennung hat sich schon viel getan. So haben Forscher der Northwestern University Feinberg School of Medicine und von Google AI gemeinsam einen Algorithmus entwickelt, der bösartige Krebszellen mit 94,4 Prozent Genauigkeit erkennen soll.
Sechs Radiologen, die an der Studie teilgenommen haben, kamen im Vergleich dazu sowohl bei den falsch positiven (11 Prozent) als auch bei den falsch negativen Ergebnissen (5 Prozent) auf eine sehr viel höhere Fehlerquote. Eine frühzeitige Diagnose von Tumoren unter Einsatz von KI erhöht die Heilungschancen. Außerdem lassen sich dadurch auch teure invasive Kontrolluntersuchungen reduzieren.
Weiter heißt es in dem Beitrag von Das Investment, dass sich die weltweiten Umsätze mit KI in der Medizin von 4,9 Milliarden Dollar Mitte 2020 bis 2026 auf 45,2 Milliarden Dollar mehr als verneunfachen werden. PwC hat in einer Umfrage herausgefunden, dass die Befragten im Allgemeinen zu entsprechenden Investitionen bereit ist. Die USA haben sowohl hinsichtlich Digitalisierung als auch bei KI im Gesundheitswesen immer noch die Nase vorn.
Data Revenue nennt in einem Blog-Beitrag vier Top-Anwendungen für KI in der Medizin beziehungsweise im Gesundheitswesen:
1. Die Diagnostik wird durch KI und ML wesentlich genauer und schneller. Beispiele sind die Erkennung von Lungenkrebs aus CT-Bildern, die Beurteilung von Risiken eines plötzlichen Herztodes aus Elektrokardiogrammen und MRT-Aufnahmen, die Klassifizierung von Hautläsionen aus Hautbildern und die Früherkennung von diabetische Retinopathie aus Augenbildern.
2. Die Medikamentenentwicklung kann durch KI und Machine Learning wesentlich beschleunigt werden, jahrelange Arbeit und Hunderte von Millionen Dollar an Investitionen einsparen helfen. Dabei nennt der Blog-Beitrag vier Stufen der Arzneimittelentwicklung:
Stufe 1: Identifizierung von Interventionszielen, um den Ursprung einer Krankheit und ihre Resistenzmechanismen zu verstehen. Das kann zum Beispiel bei der Entwicklung von RNA-Wirtstoffen gegen COVID-19 eine Rolle spielen.
Stufe 2: Finden von geeigneten Kandidaten für Medikamente und möglichen Nebenwirkungen.
Stufe 3: Das Finden von geeigneten Testpersonen, um Studien zu beschleunigen. Nach der Entwicklung der Corona-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, Moderne und Co. wurden diese jeweils an Zehntausenden von Personen getestet.
Stufe 4: Das Auffinden von Biomarkern für die Diagnose von Krankheiten. Solche Biomarker sind Moleküle in Körperflüssigkeiten, vor allem im Blut, und bieten in der Regel Sicherheit, ob ein Proband oder Patient die Krankheit hat oder nicht.
3. Personalisierung von Behandlungsmethoden: Patienten reagieren oft unterschiedlich auf Medikamente oder Behandlungsmethoden. Eine personalisierte Behandlung könnte die Heilungschancen und Lebenserwartung deutlich erhöhen, erfordert aber das Einschließen einer Vielzahl von Faktoren. Machine Learning kann die komplizierte statistische Arbeit automatisieren und somit deutlich beschleunigen.
4. Die Verbesserung der Genbearbeitung: Mit CRISPR, Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats, hat die Forschung sehr große Fortschritte bei der Genom- und DNA-Editierung gemacht, die unter anderem auch bei dem mRNA-Wirkstoff von BionTech und Pfizer gegen COVID-19 zum Einsatz kam. Zu erklären, wie das mit guide- und short-guide RNA (sgRNA) zusammenhängt, würde hier zu weit führen. Aber ML-Modelle sollen nachweislich die besten Ergebnisse liefern, um „das Ausmaß sowohl der guide-target-Interaktionen als auch der off-target-Effekte vorherzusagen“, gemeint sind unter anderem Nebenwirkungen.
Es gibt natürlich noch eine Vielzahl von weiteren Beispielen für KI und Machine Learning in der Medizin.
Interessant ist auch, wie in Medizintechnik und im Gesundheitswesen Augmented und Virtual Reality (AR und VR) immer mehr Einzug halten. Microsoft will die HoloLens 2 zum Beispiel laut Mixed.de zum Einsatz bringen, um OPs zu streamen. Epson hat gerade eine neue Generation von AR-Brillen der Moverio-Serie vorgestellt, die unter anderem auch Ferndiagnosen und Fern-OPs ermöglichen sollen.
Schließlich halten in der Medizin und im Gesundheitswesen auch IoT Devices immer mehr Einzug. Gemeint sind nicht nur Fitness-Armbänder oder Smart Watches, von den viele schon den Blutdruck oder Puls anzeigen können. Herzschrittmacher und sogenannte Implantierbare Kardioverter-Defibrilatoren (ICDs) sind streng genommen noch keine IoT Devices, aber nachdem festgestellt wurde, dass die Implantate von außen nicht nur ausgelesen, sondern auch manipuliert werden können, gab es vor einigen Jahren eine große Rückrufaktion mit der Notwendigkeit, eine neue Firmware aufzuspielen. Sicherheit spielt also bei Implantaten im Medizinbereich eine besonders große Rolle. Gleiches gilt aber so wie für den IoT-Spezialisten Device Insight auch in vielen anderen Einsatzgebieten, allen voran für den IIoT genannten industriellen Einsatz.
Quelle Titelbild: iStock / elenabs