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Redaktion Digital Chiefs
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Zum BeitragNachhaltigkeit im Rechenzentrum wird heute ganz großgeschrieben. Aber wie halten es eigentlich die großen Service Provider und Hyperscaler damit? Digital Chiefs hat AWS, Equinix und IBM dahingehend auf den Zahn gefühlt.
Im kleinen und im privaten Raum mag es kaum einen Unterschied machen, ob ein Desktop-PC 116 kWh oder 129 kWh im Jahr verbraucht. Bei vielen Geräten kann sich das aber schnell summieren. Und im Rechenzentrum mit riesigen Serverfarmen zählt jedes Watt, wobei da natürlich auch noch der Kühlaufwand ins Gewicht fällt. Hinzu kommt der vielfach spürbare Klimawandel einschließlich Erderwärmung, was in den Rechenzentren noch mehr die Klimageräte heiß laufen lässt, um zu kühlen. Viele Betreiber erwägen oder haben schon begonnen, ihre Rechenzentren hoch in den Norden nach Skandinavien zu verlegen.
Trotz massiv gestiegener Leistung und Energieeffizienz „saugen“ Cloud-Dienste und Rechenzentren immer mehr Strom. Wie heise online eine Studie der EU-Kommission vom November 2020 zitiert, ist der Stromverbrauch von Rechenzentren in den Mitgliedstaaten zwischen 2010 und 2018 von
53,9 TWh auf 76,8 TWh gestiegen, bis 2025 ist mit einer weiteren Steigerung von 21 Prozent auf 92,6 TWh pro Jahr zu rechnen. Wenn der Trend anhält, soll der RZ-Anteil am Gesamtstromverbrauch der EU zwischen 2018 und 2030 von 2,7 auf 3,2 Prozent anwachsen, berichtet ChannelPartner.
Die EU-Kommission will daher klimaneutrale und nachhaltige Rechenzentren fördern und ein europäisches Cloud-Regelwerk aufsetzen. Denn laut heise ist der Anteil der Cloud-Rechenzentren besonders stark gewachsen. Benötigten sie 2010 noch 10 Prozent des Energieverbrauchs von Rechenzentren in der EU, waren es 2018 bereits 35 Prozent und werden es 2025 voraussichtlich 60 Prozent sein.
Eine Studie von Schneider Electronic und 451 Research zeigt, dass über die Hälfte von 800 Befragten RZ-Dienstleistern weltweit (57 Prozent) Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil sehen. Digital Chiefs hat Anfang des Jahres darüber berichtet. Der größte Ansporn sind dabei die Kundenerwartungen mit 50 Prozent der Antworten. Auffällig ist allerdings, dass nur 43 Prozent der Befragten eine Strategie für Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung in ihren Infrastrukturen haben, in EMEA (Europa, Nahost und Afrika) liegt der Anteil nur bei 30 Prozent, in den USA dagegen bei 57 Prozent, in China sogar bei 68 Prozent. Überschrieben ist die Studie übrigens mit „Multitenant Data Centers and Sustainability: Ambitions and Reality“. Anspruch und Wirklichkeit klaffen jedoch tatsächlich oft auseinander. Denn während 77 Prozent der Befragten angaben, dass mindestens 30 Prozent ihrer Kunden auf vertragliche Commitments hinsichtlich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit drängen, sammeln nur knapp 56 Prozent der Unternehmen entsprechende Daten.
Aber nun kommen wir zu der Ausgangsfrage: Wo stehen eigentlich die großen Service Provider beziehungsweise RZ-Riesen Equinix, AWS und IBM in Sachen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz, was sind ihre Pläne diesbezüglich?
AWS (Amazon Web Services) und IBM sind den meisten ein Begriff, Equinix weniger. Dabei ist das amerikanische Unternehmen wohl immer noch der weltweit größte Anbieter von RZ-Stellfläche für Co-Location mit 210 Data Center weltweit, davon sechs allein in Frankfurt am Main, zwei in München und jeweils eines in Düsseldorf und Hamburg. Dem Nachhaltigkeitsbericht von 2019 zufolge lag der Gesamtenergieverbrauch des Unternehmens einschließlich Kühlwasser bei rund 5.740 GWh, 92 Prozent davon aus erneuerbaren Energien. Der CO2-Fußabdruck habe sich seit 2015 um 60 Prozent reduziert, obwohl sich der Energieverbrauch in dem Zeitraum von 2.600 GWh mehr als verdoppelt habe. Ziel von Equinix ist es, auf 100 Prozent saubere und erneuerbare Energie zu kommen.
Zusätzlich versucht Equinix durch vielfältige Maßnahmen seinen Energieverbrauch insgesamt zu reduzieren und die eingesetzte Energie effizienter zu nutzen. So werden etwa mittels eines adaptiven Steuerungssystems und der strikten Trennung von kalter Zuluft und warmer Abluft der Energieverbrauch und die Kapazität der Kühlung optimiert. Zusätzlich sorgt der Einsatz von energiesparender Beleuchtung in Verbindung mit Bewegungsmeldern für einen geringeren Energiebedarf.
AWS, die Nummer 1 der Hyperscaler beziehungsweise Cloud-Provider, lässt auf ihrer deutschen Seite zu Nachhaltigkeit wissen, dass das Unternehmen seine globale Infrastruktur ebenfalls mit 100 Prozent abdecken wolle. Anbieter großer Clouds einschließlich AWS würden heute schon einen Strommix nutzen, dessen CO2-Intensität zu 28 Prozent unter dem globalen Durchschnitt liege. Mit der Umstellung auf die Cloud und AWS als Provider ließe sich der CO2-Ausstoß um 88 Prozent verringern. Konkret hat AWS 2018 bereits mehr als 50 Prozent seines Bedarfs aus erneuerbaren Energien abgedeckt. Zusätzlich zu den bereits bestehenden neun Projekten im Heimatland USA zur Nutzung erneuerbare Energien hat AWS unlängst Pläne für vier neue Windparks und einen Solarpark in Europa und den USA bekanntgegeben. Nach Fertigstellung der Wind- und Solarparks sollen diese zusammen mit den neuen anderen Projekten 2.900 GWh oder 2.900.000 MWh an erneuerbaren Energien liefern.
Auch AWS versucht durch zusätzliche Programme seinen Energieverbrauch aktiv zu senken. So sorgt die energieeffiziente Serverausstattung in Kombination mit einer gesteigerten Servernutzung für eine insgesamt erheblich höhere Energieeffizienz. Darüber hinaus versucht AWS Ressourcen zu schonen. Zur Kühlung der Server wird die sogenannte Verdunstungskühlung eingesetzt und, in den kalten Monaten, kühle Außenluft genutzt. So kann auch der Wasserverbrauch stark reduziert werden. Zusätzlich wird recyceltes Wasser verwendet und direkt vor Ort wieder aufbereitet. Lokale Trinkwasserquellen werden somit geschont.
IBM ist laut Storage Insider die Nummer 4 der Hyperscaler global und somit auch einer der ganz großen Cloud-Anbieter. 2018 hat Big Blue, wie das amerikanische Unternehmen auch oft genannt wird, den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen. Die Juroren begründen das unter anderem damit, dass IBM zwischen 2011 und 2016 mehr als 10.000 Energiesparprojekte durchgeführt hat.
Somit habe der Konzern den Verbrauch von 1.800 GWh Strom und 720.000 Tonnen CO₂-Emissionen vermieden. Dazu beigetragen haben natürlich nicht nur die RZ-Infrastrukturen weltweit, sondern auch neue Generationen von Servern, Speichersystemen und Netzwerklösungen.
IBM will ebenfalls durch zusätzliche Maßnahmen die Energieeffizienz seiner Systeme steigern und den Energieverbrauch senken. So wird Abwärme aus den Rechenzentren für das Heizen von Gebäuden wiederverwendet. Dies geschieht in einem geschlossenen Kreislauf, indem das Kühlwasser die von den Servern aufgenommene Wärmeenergie beständig an andere Nutzer abgibt und dadurch sofort wieder zur Kühlung eingesetzt werden kann. Der Betrieb von energieintensiven Kältemaschinen wird dadurch überflüssig.
„Öko“, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind also für die großen Anbieter mehr als nur Versprechen. Viele Unternehmenskunden fordern das auch und schieben in ihren Gebäuden beziehungsweise Infrastrukturen ihrerseits entsprechende Projekte an. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind mehr als nur monetäres Kalkül, sondern ein echtes Anliegen für viele Unternehmen.
Quelle Titelbild: AdobeStock/ boyhey