03.08.2022

La Paz oder Bogota in Südamerika haben es längst vorgemacht, doch auch bei uns wird über die Idee nachgedacht: Seilbahnen als Ergänzung für den Nahverkehrs-Mix in den Städten. Welchen Mehrwert können sie liefern und wie konkret ist die Idee?

Die Vorstellung ist verlockend: Anstatt mit dem eigenen Auto im Stau des morgendlichen Berufsverkehrs zu stecken, in einer überfüllten U-Bahn mit tausenden anderen im Dunklen zu fahren oder mit dem Fahrrad durch den Regen zu müssen, einfach über dem Verkehr am Boden schweben, ohne Hindernis und schnell ans Ziel kommen und das mit noch dazu großartiger Aussicht auf die Stadt unter einem. Die Idee, Seilbahnen als Teil des ÖPNVs einzusetzen, ist dabei gar nicht neu. Tatsächlich gab und gibt es in mehreren Städten weltweit ein ausgebautes Seilbahnnetz, aktuell etwa in La Paz und Bogota in Südamerika, die täglich 100.000e Fahrgäste befördern. Mittlerweile überlegen auch mehrere europäische Städte den Einsatz von Seilbahnen im Nahverkehr oder setzen ein solches Projekt bereits in die Tat um.

Seilbahnen lassen sich aufgrund ihres elektrischen Antriebs umweltfreundlich und ohne CO2-Ausstoß betreiben, sofern der eingesetzte Strom ebenfalls aus erneuerbaren Quellen stammt.

Die Mehrwerte von Seilbahnen als Teil des Nahverkehrs-Mix 

Die rein subjektiven und persönlichen Vorteile von Seilbahnen im Vergleich zu gängigen Fortbewegungsmitteln wurden eingangs bereits erwähnt. Es ergeben sich jedoch noch weitere Mehrwerte. So lassen sich Seilbahnen aufgrund ihres elektrischen Antriebs umweltfreundlich und ohne CO2-Ausstoß betreiben, sofern der eingesetzte Strom ebenfalls aus erneuerbaren Quellen stammt. Sie erzeugen daher auch keine Abgase und kaum Geräusche und tragen so zu einer merklichen Verbesserung des Klimas in den Städten bei.

Diese sind aufgrund des Baubooms der vergangenen Jahrzehnte derart verdichtet, dass neue Verkehrsprojekte wie U-Bahnlinien und Straßen nur noch schwer umgesetzt werden können und mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden sind. Seilbahnen hingegen sind mit nur minimalen Bauarbeiten am Boden für die Träger und daher kostengünstig, platzsparend und schnell realisierbar, die Rücksicht auf Hindernisse am Boden, die umgangen, überbaut oder untergraben werden müssen, entfällt ebenso.

Die Idee ist längst Realität

Nicht nur in Südamerika, auch in Europa ist die Idee, Seilbahnen in den Städten einzusetzen, keine Zukunftsvision mehr, sondern längst Realität. Die Hafenstadt Brest etwa betreibt seit 2016 eine Seilbahnlinie, im Umland von Paris befindet sich eine weitere im Bau, weitere Städte wie Bordeaux oder Lyon planen die Umsetzung in den nächsten Jahren. Insgesamt laufen mehr als 20 solcher Projekte in Frankreich. Doch auch in anderen Städten und Ländern sind urbane Seilbahnlinien im Bau. Dabei sollen diese keineswegs die bestehenden ÖPNV-Netze ersetzen, sondern bestehende Angebote erweitern. Denn bei all den Vorteilen, die sie gegenüber den gewohnten Fortbewegungsmitteln haben, ergeben sich auch Nachteile und Herausforderungen, die es bei Seilbahnen im städtischen Betrieb zu beachten gilt.

Herausforderungen für Seilbahnprojekte

Seilbahnen sind natürlich kein Allheilmittel für die Nahverkehrsprobleme in modernen Großstädten. Auch sie weisen Nachteile auf. So funktionieren Seilbahnen nur in gerader Linie, brauchen demnach immer eine Anbindung mit anderen Verkehrsmitteln am Boden. Auch ist die beförderbare Personenzahl begrenzt. Zusätzlich ist der zu erwartende Widerstand der Bevölkerung gegen solche Projekte groß, eben da sie als überirdische Bauten gut sichtbar in den Städten präsent sind. Und nicht jedem gefällt die Vorstellung, dass an seinem Fenster tausende Pendler auf dem Weg zur Arbeit vorbeischweben. Viele Kommunen in Deutschland schrecken auch noch vor der Idee zurück. So wurden entsprechende Vorstöße für urbane Seilbahnen in Hamburg und Köln abgelehnt. Positive Beispiele wie in Koblenz und eine Initiative des Bundesverkehrsministeriums zur Entwicklung eines Leitfadens für die Planung und Umsetzung von Seilbahnen im städtischen Raum lassen aber auf steigende Akzeptanz der Idee hoffen. Denn für einen nachhaltigeren ÖPNV stellen Seilbahnen eine kosteneffiziente, schnelle und saubere Ergänzung dar.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / rjankovsky

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