Die Zukunft der digitalen Signatur: Von der Signaturkarte zur Fernsignatur
Alexander Marschall
Seit 2010 müssen die Akteure der Entsorgungswirtschaft ein elektronisches Signaturverfahren einsetzen. ...
Zum BeitragKlimaneutralität geht heute so wie Diversität als Werbebotschaft viral. Aber wie klimaneutral sind sich damit schmückende Rechenzentren eigentlich? Ist da etwa „Greenwashing“ im Spiel? Und was unterscheidet es von echt gelungenen Best Practices? Den Fragen geht dieser Artikel nach.
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Der CO2-Fußabdruck der Rechenzentren wird immer größer. Wie groß der wirklich ist, darüber herrschen je nach Studien noch Unsicherheiten. Dem Bundesumweltamt (UBA) zufolge reichten die Spannweiten für den weltweiten Energiebedarf der Rechenzentren 2020 von etwa 200 bis 1.000 Terawattstunden (TWh), was etwa 100 bis 500 Millionen Tonnen C02-Äquivalent entsprach.
Derweil macht einer der größten RZ-Betreiber schon Fernsehwerbung mit einem riesigen Solarfeld in Spanien. Und tatsächlich haben die großen Hyperscaler, angefangen von AWS und Microsoft Azure, schon angekündigt, bis 2025 oder 2030 klimaneutral zu werden. Neue Hype-Themen wie Bitcom-Mining und Videostreaming, beide überaus ressourcenzehrend, lassen aber auch Zweifel an solchen hehren Zielen aufkommen.
Wie UBA in der Pressemeldung zu Rechenzentren schreibt, ist die Umweltverträglichkeit derselben kein Selbstläufer, sondern müssten intelligente Lösungen und gute Konzepte her, um der Verschwendung von Energie und Rohstoffen entgegenzuwirken. Problem ist dabei oft zu wenig ausgelastete und ständig erneuerte Technik. Die richtigen Kennzahlen wie die Berechnung der Power Usage Effectiveness (PUE) könnten aber schon dazu beitragen, den Energieverbrauch in Rechenzentren und in der ganzen Informationstechnik zu senken.
Derweil gibt es, wie man es unter anderem am Beispiel der Textilindustrie sieht, noch sehr viel Greenwashing. Es kann in einigen Branchen zum Problem werden: Laut Bundesumweltministerium sollte sich der Umsatz mit grünen Produkten und Technologien bis 2020 in Deutschland auf 3,1 Billionen Euro verdoppeln, heißt es. Umfragen vor der Europawahl zufolge haben mehr als die Hälfte der Befragten Umweltschutz als das wichtigste Thema gesehen. Doch nur allzu oft drücken sich Unternehmen einen „grünen Stempel“ auf, der ein falsches Bild von der Wirklichkeit vermittelt. Labels wie „regional“, „klimafreundlich“ und „umweltschonend“ halten auch oft nicht, was sie versprechen oder sind teilweise sogar absichtliche Augenwischerei.
Die ITK-Branche ist und war auch oft Zielscheibe der Kritik von Umweltschutzverbänden. Womit diese natürlich recht haben, ist die Tatsache, dass ITK-Produkte noch so grün sein können, der gesamte Lebenszyklus einschließlich der zum Teil immer noch sehr schmutzigen Rohstoffgewinnung und Entsorgung aber den grünen Anstrich doch oft sehr verwässert. Viele der Hardware-Hersteller haben aber mittlerweile ihre Hausaufgaben gemacht und sind im Negativ-Ranking von Greenpeace und Co. erfreulicherweise abgerutscht, seit Green IT Anfang 2000 herum so ein wichtiges Thema wurde.
Denn angefangen von Großkunden haben immer mehr gewerbliche Abnehmer bald erkannt, dass Umweltfreundlichkeit und weniger Energieverbrauch nicht nur das eigene Image „streicheln“, sondern auch ein immer wichtigerer Kostenfaktor ist. Und Greenwashing würde bei Rechenzentren auch gegen die Interessen der Betreiber oder Eigner gehen. Der Axians-Partner Equinix, der weltweit größte Co-Location-Anbieter von RZ-Kapazitäten, hat sich als erster der großen Betreiber der Branche selbst das Ziel gesetzt, bis 2030 global klimaneutral zu werden.
Die Umweltfreundlichkeit der Server ist das eine, aber ein ebenso wichtiges Thema ist die Abwärme beziehungsweise die Klimatisierung der Rechenzentren. Eine Möglichkeit ist, die großen Serverfarmen in kältere Regionen zu verlagern. Skandinavische Länder wie Schweden locken mit entsprechend attraktiven Angeboten. Daneben gibt es auch eine Reihe von Initiativen, die Abluft der Rechenzentren für Fernwärme oder gar für die Energierückgewinnung zu nutzen.
Windcloud aus Enge-Sande in Nordfriesland, ein anderer Partner von Axians , sieht sich – der Name ist Programm – als einer der Cloud- und Co-Location -Anbieter, der seine Rechenzentren zu 100 Prozent mit grünem Strom und größtenteils Windenergie betreibt. Das 2018 gegründete Unternehmen mit zwei Standorten in Nordfriesland verfügt sogar über eine Algenfarm zur Nutzung der Abwärme und verspricht auf seiner Profil-Website, mit dem RZ-Betrieb sogar mehr CO2 zu absorbieren, als auszustoßen. Windcloud ist auch Teil der Digital Chiefs Story über klimaneutrale Rechenzentren von Olaf Niemeitz, dem stellvertretenden BA-Leiter IT & Managed Services bei Axians Deutschland.
Einen sehr interessanten ähnlichen Ansatz verfolgt auch Microsoft mit dem Project Natick. Es handelt sich dabei um ein Unterwasser-Rechenzentrum, das die Gates Company 2018 vor den schottischen Orkney-Inseln in 35 Meter Tiefe versenkt hat. Zwei Jahre später haben Marinespezialisten den dicht mit Algen, Seepocken und Seeanemonen bewachsenen riesigen Metallzylinder geborgen, wie in einem Microsoft-Feature beschrieben.
Die Bergung sollte dabei „Start zum Endspurt“ sein, um zu zeigen, dass Unterwasser-Datencenter nicht nur möglich sind, sondern auch „logistisch, ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll“, heißt es da. Die Ausfallrate soll dabei achtmal geringer sein als an Land, wie Projektleiter Ben Cutler erklärt. Die Zuverlässigkeit der Unterwasser-Datacenter öffne zudem die Türen für völlig neue Angebote für Kunden, die überall auf der Welt taktische und kritische Rechenzentren einrichten und betreiben müssen, heißt es in dem Feature weiter.
Außerdem müssen in der lichtlosen Röhre die Server nur alle fünf Jahre ausgetauscht werden. Microsofts Überlegungen mit dem Projekt gehen derweil schon über die Cloud-Nutzung hinaus, denn die Datenverarbeitung verlagert sich immer mehr in die Edge, sprich in die Peripherie, wo der Bedarf an kleineren Rechenzentren nahe am Kunden steigt, „statt irgendwo im Nirgendwo als Riesenklötze auf der grünen Wiese zu stehen“, so endet das Microsoft-Feature zu dem Project Natick.
Anstoß für das Projekt Natick war 2014 eine von Microsoft veranstaltete ThinkWeek, um mit Mitarbeitenden Ideen auszutauschen. Ein Jahr später startete das Natick-Team schon einen 105-tägigen Testlauf im Pazifik. Und der bewies schließlich, dass das Konzept praktikabel ist. Wegen der Kühlung im Meer mit der starken Gezeitenströmung von bis zu 14 Kilometern pro Sekunde vor den Orkney-Inseln war keine sonst übliche Kühlung der Server mit Süßwasser nötig, das in vielen Regionen auf der Welt ohnehin knapp ist. Und somit ist das Project Natick „auch ein Beitrag für Nachhaltigkeit“, so Microsoft in der Erfolgsstory.
Quelle Titelbild: AdobeStock / MetinSeven