Generatives Design ermöglicht eine agilere Industrie

Ein neues Planungsverfahren mit „generativem Design“ auf Grundlage des maschinellen Lernens (ML) kombiniert menschliches Fachwissen, Künstliche Intelligenz und Cloud-Computing. So eröffnet sich eine neue Chance für größere Agilität in der Industrie.

Ein neues Planungsverfahren, das „generative Design“, dürfte die Mensch-Maschine-Beziehung revolutionieren, nachdem in der Vergangenheit Ingenieur:innen oder Planer:innen Computer eher als passive Maschinen nutzten. Generatives Design ist ein kollaborativer Entwicklungsprozess, bei dem künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Computing zum Einsatz kommen.

Das generative Designverfahren liefert zu einem früheren Zeitpunkt im Produktionsprozess fertigungsbereite Ergebnisse – optimiert für Kosten, Material und verschiedene Fertigungsmethoden. Mit der neuen Methode werden dem Planer nicht mehr nur einige, sondern hunderte oder gar tausende Möglichkeiten angeboten, nachdem er beispielsweise über ein Computer Aided Design (CAD) System die Ziele, Anforderungen und Parameter festgelegt hat.

In einem iterativen Auswahlprozess werden dann die verschiedenen Möglichkeiten durchgespielt, bis die beste und leistungsfähigste, praxistaugliche Lösung gefunden ist. Dabei arbeiten Mensch und KI zusammen und spielen ihre jeweiligen Stärken aus. Die Planer:innen können dann einen Prototyp fertigen und ihn ggf. noch einmal durch die KI laufen lassen.

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Generatives Design hat diverse Einsatzmöglichkeiten in der Industrie. Quelle: Adobe Stock / AndSus

Konkrete Einsatzmöglichkeiten sind beispielsweise additive Fertigung, CNC-Bearbeitung, Gieẞen und Spritzgussverfahren.

Die Vorteile des generativen Designs

Die Vorteile des generativen Designs sind vielfältig. Es spart Zeit, fördert die Kreativität, sorgt für Einsparungen und ermöglicht komplexe Geometrien, die dann statt mit herkömmlichen Fertigungsverfahren per 3D-Druck hergestellt werden können. Eine einzigartige Lösung, um solidere, leistungsfähigere und kostengünstigere Werkstücke zu fertigen.

Die Hauptvorteile sind zweierlei: Generative Entwurfswerkzeuge verkürzen die Zeit, die für die Entwicklung eines Produkts Produkt zu entwerfen, und öffnen die Tür zu völlig neuen Designoptionen, die menschliche Ingenieure nie erdacht hätten. Die Technologie ermöglicht nicht nur die Erforschung von mehreren Designalternativen für jedes Produkt, außerdem berücksichtigt diese Software auch die Fertigung, Kosten und Zeitplan als Auswirkungen des Entwurfs als Teil des Prozesses.

Beim generativen Design werden die Optionen vorab validiert und können so die vorgegebenen Fertigungs- und Geschäftsanforderungen erfüllen, was die langjährigen Reibungen zwischen Entwicklung und Fertigung reduziert. Mit der Möglichkeit, kontinuierlich Lerndaten in die Software einzuspeisen, werden generative Designsysteme in der Lage sein, im Laufe der Zeit effektivere Entwürfe zu entwickeln.

Konkrete Szenarien

In der Industrie Generatives Design immer häufiger zur Anwendung. So hat der Flugzeughersteller Airbus mit dieser Methode hochfeste, aber 45 % leichtere Trennwände für die Passagierbereiche in Flugzeugen entwickelt. Der Sportgerätespezialist Decathlon konzipierte damit eine besonders leichte, aber äußerst stabile Vorderradgabel für die Prototypen eines neuen Rennrads.

Das generative Design hat sich aus der Grundlage des maschinellen Lernens entwickelt. Actemium, die Industriemarke von VINCI Energies, besitzt bereits umfangreiches Know-how in diesem Bereich. So verfügt unter anderem die belgische Food & Beverage-Division über ein schlagkräftiges Data Analytics-Team.

„Generatives Design hat Zukunft in der Nahrungsmittelbranche. Langfristig dürfte es hier gute Geschäftsmöglichkeiten geben. Wir beschäftigen sieben Fachleute mit unterschiedlichen Stärken (ICT, Datenvisualisierung, KI, Big Data, maschinelles Lernen, Deep Learning, speicherprogrammierbare Steuerungen, Lean Production, Prozessoptimierung, Beratung, Verkauf und so weiter,“ erläutert Jeroen Pandelaere, Berater bei Actemium Food & Beverage Aalter. „Das generative Design passt perfekt in unsere Branche (Tierfutter, Nahrungsmittel, Getränke). Langfristig dürfte es hier gute Geschäftsmöglichkeiten geben.”

Unterdessen entwickelt Actemium Food & Beverage Aalter zahlreiche Anwendungen im Bereich maschinelles Lernen. Von der Vorhersage der Bestellmengen zur besseren Produktions- und Logistikplanung über die Erkennung von Unregelmäßigkeiten, die Verbesserung der Qualität und die optimierte Vorhersage des Anlaufens von Maschinen bis hin zur Erkennung von Texten und Zahlen sind vielfältige Anwendungsmöglichkeiten denkbar.

Digitaler Zwilling und virtuelle Sensoren

Pandelaere schildert ein konkretes Beispiel, bei dem „ein Kunde von uns einen zusätzlichen Wärmetauscher installieren wollte, um Wärme aus verschiedenen Quellen rückzugewinnen. Wir haben die Problemstellung an einem digitalen Zwilling untersucht und eine leistungsfähigere, energiesparendere Lösung vorgeschlagen, für die letztlich nur ein zusätzlicher Temperaturfühler eingebaut werden musste.“

Aber Actemium Food & Beverage Aalter ging noch weiter und analysierte die verschiedenen Wärmequellen, um nur die ergiebigsten für die Rückgewinnung zu nutzen. Ein Vorgehen, dass der Kunde sehr zu schätzen wusste – bedenkt man doch, dass jeder Anschluss an den Wärmetauscher mit etwa 50.000 € zu Buche schlägt.

„Der nächste Schritt ist die Entwicklung eines Simulationsmodells für das verfügbare Speichervolumen, um davon abhängig Wärmequellen zu- und abzuschalten“, fügt der Berater von Actemium Food & Beverage Aalter hinzu.

Für einen anderen Kunden hat Actemium Food & Beverage Aalter ein Modell auf Grundlage eines virtuellen Sensors entwickelt, das den genauen Kühlwasserbedarf jedes Verbrauchers ermittelt. Die Berechnung erfolgt ausschließlich auf Grundlage des Gesamtverbrauchs und der Ventilstellung der verschiedenen Verbraucher (offen oder geschlossen).

„Wir haben uns auch die Zeiten angesehen, in denen die Gesamtsumme der Einzelverbräuche nicht gleich dem ermittelten Gesamtverbrauch war. Wir stellten fest, dass manche Ventile, die eigentlich offen sein mussten, nach Wartungsarbeiten an der Anlage in Wahrheit geschlossen waren – ohne dass uns dies angezeigt wurde. Somit kann unser Modell auch zur Erkennung von Unregelmäßigkeiten eingesetzt werden“, unterstreicht Pandelaere.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / Ivan Traimak

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