30.01.2024

Deutsche Rechenzentren sind für die Wirtschaft essenziell. Bislang jedoch kommt diese Bedeutung für Deutschland und die gesamte EU noch nicht in den politischen Rahmenbedingungen und rechtlichen Vorgaben zum Ausdruck. Wie das gelingen kann, schlagen drei Verbände in einem gemeinsamen Positionspapier vor.

 

Die Rechenzentren in Deutschland, allen voran der Standorte in Frankfurt am Main mit einem der weltweit größten Internetknotenpunkten DE-CIX, gewinnen immer mehr an Bedeutung, sowohl für die gesamte EU als auch weltweit. Die Rahmenbedingungen, unter denen sie hierzulande arbeiten und betrieben werden, sind allerdings optimierungsbedürftig, vor allem da ab 2027 neue Rechenzentren klimaneutral sein sollen, zusätzlich nehmen die Herausforderungen angesichts der globalen Krisen zu. Zu diesem Ergebnis kommen die Verbände Bitkom, eco und die German Datacenter Association (GDA) in ihrem gemeinsamen Positionspapier und geben Handlungsempfehlungen für Politik und Betreiber.

Die Erfolgsgeschichte der deutschen Rechenzentren

Den Autoren geht es vor allem darum, auf die Bedeutung der Rechenzentren für die Digitalisierung und damit für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland insgesamt aufmerksam zu machen. Denn diese sichern immerhin 130.000 Arbeitsplätze direkt, zusätzlich setzt allein die Colocation- und Housing-Branche 7,9 Milliarden Euro im Jahr 2022 um, Tendenz steigend. Bis 2025 sollen es sogar 11,5 Milliarden Euro Umsatz sein. Die von der funktionierenden Rechenzentren-Infrastruktur abhängige Internetwirtschaft in Deutschland verfügt darüber hinaus laut den Autoren

über ein Marktvolumen von derzeit 195 Milliarden Euro, 2025 werden es sogar 245 Milliarden Euro sein, also sieben Prozent des deutschen BIPs!

Hinzu kommen die die weiteren wirtschaftlichen Mehrwerte, die sich etwa für die Baubranche durch den Boom in der Rechenzentren-Branche ergeben. Um diese Vorteile und die bisherigen Erfolge auch zukünftig zu gewährleisten und weiter auszubauen, stellen die Verbände allerdings einige Forderungen an die Politik.

So kritisieren die Verbände etwa, dass Rechenzentren bislang nicht flächendeckend als kritische Infrastruktur eingestuft werden (Quelle: Adobe Stock / Nuthawut).

Fokus auf die Bedeutung von Rechenzentren

So kritisieren die Verbände etwa, dass Rechenzentren bislang nicht flächendeckend als kritische Infrastruktur eingestuft werden. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Energiekrise sehen die Autoren hier die Gefahr, dass es bei einem umfassenden Ausfall der Energieversorgung zum Zusammenbruch der IT-Infrastruktur kommen könnte. Anders als etwa Krankenhäuser, die im Notfall gesamt priorisiert mit Energie und Diesel für Notstromaggregate versorgt werden, erhalten bislang nicht alle Rechenzentren Unterstützung in diesem Fall. Denn die Einstufung als systemrelevante, kritische Infrastruktur erfolgt derzeit anhand der elektrischen Leistung der IT, nicht aufgrund der Bedeutung für die IT-Infrastruktur insgesamt. Gerade kleinere, regionale Edge-Standorte, die lokal etwa für kleine und mittelständische Unternehmen, Energieversorger und Gemeinden unerlässlich sind, sollten daher ebenfalls als kritische Infrastruktur eingestuft und dementsprechend auch im Notfall mit Energie versorgt werden. Dabei dürfen dann aber die strengen Emissionsvorgaben nicht mehr gelten. Denn durch den Einsatz von Dieselaggregaten überschreiten Rechenzentren ihre CO2-Einspar-Ziele.

Verbesserte Rahmenbedingungen für Investitionen

Die deutschen Rechenzentren stehen, wie eingangs erwähnt, gut da, auch die Aussichten für die kurzfristige Zukunft sind positiv. Allerdings wird das Potential für den weiteren Ausbau der Kapazitäten hierzulande bei weitem noch nicht vollständig genutzt. Durch fehlende politische Vorgaben und rechtliche Rahmenbedingungen steht somit der mittel- bis langfristige wirtschaftliche Erfolg des Wirtschaftsstandorts Deutschland insgesamt auf dem Spiel. So dauern laut den Autoren Genehmigungsverfahren für neue Rechenzentren bislang deutlich zu lange, teilweise bis zu 12 Monate, außerdem sind diese bundesweit nicht einheitlich und oft auch noch nicht digital möglich. Investitionen in diesem Bereich werden so deutlich erschwert. Das vom Bund 2020 geschaffene Investitionsbeschleunigungsgesetz, das unter anderem Planfeststellungsverfahren beschleunigen und vereinfachen soll sowie gerichtliche Zuständigkeiten bei Streitfällen neu regelt, sollte daher auch auf Rechenzentren ausgeweitet werden.

Lösungen für die herausfordernden Klimaschutzvorgaben

Denn zusätzlich bilden die Klimaschutzvorgaben für Rechenzentren eine weitere Herausforderung. Denn sie bilden mit jährlich 100 bis 500 Millionen Tonnen erzeugtem CO2, die Studien gehen hier auseinander, eine erhebliche Belastung für die Umwelt. EU-weite Standards, die die Erreichung der Klimaziele regeln, existieren hier bislang nicht. Damit ergeben sich möglicherweise Wettbewerbsnachteile für deutsche Betreiber. Um den unionsweiten Wettbewerb also fairer und transparenter zu gestalten, fordern die Verbände einheitliche EU-Klimaschutzstandards für Rechenzentren. Die strengen Vorgaben in Deutschland könnten darüber hinaus von den Rechenzentren durch die Nutzung der Abwärme für die lokale Wärmeversorgung besser und schneller erfüllt werden. Das Verfahren funktioniert bereits heute sehr gut und ist nur eine von vielen möglichen Maßnahmen für die Klimaneutralität, wie dieser Beitrag von Digital Chiefs zeigt.

Dafür braucht es aber mehr Investitionen in die Infrastruktur lokaler Energieversorger. Auch durch die Nutzung von erneuerbarer Energie für den Betrieb könnten Rechenzentren ihre Klimabilanz verbessern. Diese muss dafür aber zuverlässig verfügbar sein, wofür die Politik Sorge zu tragen hat. Da dies aktuell noch nicht gewährleistet ist, sollte es Rechenzentren weiterhin möglich sein, ihren CO2-Ausstoß über den Erwerb von CO2-Zertifikaten kompensieren zu dürfen.

Die deutschen Rechenzentren brauchen mehr Unterstützung und verbesserte politische Rahmenbedingungen (Quelle: Adobe Stock / Made with Matcha).

Fazit

Die deutschen Rechenzentren brauchen mehr Unterstützung und verbesserte politische Rahmenbedingungen angesichts der aktuellen Herausforderungen. Die Politik ist gefordert, um der Bedeutung von auch regionalen Edge-Rechenzentren gerecht zu werden und muss sie als kritische Infrastruktur einstufen. Zusätzlich braucht es neue Ansätze, um Investitionen in die Branche zu erleichtern und Genehmigungsprozesse zu vereinfachen. Durch einheitliche Klimaschutzstandards sollte darüber hinaus ein EU-weiter fairer und transparenter Wettbewerb ermöglicht werden. Konzepte wie die Nutzung der Abwärme, von erneuerbarer Energie für den Betrieb und der Erwerb von CO2-Zertifikaten für den Ausgleich der Emissionen bedürfen ebenfalls der Unterstützung und Zustimmung von Seiten der Politik. Nur dann können deutsche Rechenzentren auch zukünftig die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sicherstellen und ihre EU- und weltweite Bedeutung weiter ausbauen.

Quelle Titelbild: Adobe / Kylan

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